SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung vom 21.01.2021 (Corona-ArbSchV) – Neue Pflichten für Arbeitgeber in der Pandemie

26. Januar 2021

Trotz anhaltendem „Lockdowns“ sowie erster, sinkender Infektionszahlen ist eine Entspannung der Corona-Pandemie nicht in Sicht. Die erstmals in Großbritannien nachgewiesene Mutation des Virus trübt die Hoffnung auf ein baldiges Ende. Die zur Kontaktreduzierung in vielen Lebensbereichen bereits vorhandenen Maßnahmen reichen nicht aus, das Infektionsgeschehen wirksam und nachhaltig einzudämmen. Es bedarf daher weitergehender Maßnahmen am Arbeitsplatz, um die Pandemie wirksam in den Griff zu bekommen.

In diesem Zusammenhang hat das Bundeskabinett den bereits bestehenden SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard vom 16.04.2020 und die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel vom 20.08.2020 ergänzt und am 20.01.2021 die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV) beschlossen. Die Verordnung wurde am 22.01.2021 im Bundesanzeiger (BAnz AT 22.01.2021 V1) veröffentlicht und erweitert die bisherigen Regelungen. Sie tritt am 27.01.2021 in Kraft.

Bereits jetzt galt nach den bisherigen Arbeitsschutzregelungen, dass die Einhaltung des Mindestabstands von 1,5 m zu anderen Personen und das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes im Betrieb, wo immer dies möglich ist, einzuhalten ist. Davon umfasst sind Kantinen und Pausenräume. In Sanitärräumen ist der Arbeitgeber verpflichtet Flüssigseife und Handtuchspender zur Verfügung zu stellen und die vorgenannten Räumlichkeiten ausreichend und regelmäßig zu lüften.

Die neueren Regelungen der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung vom 21.01.2021 sehen weitreichendere Verpflichtungen vor, die behördlich kontrollierbar und vorerst bis zum 15.03.2021 befristet sind. Die dortigen Vorschriften sind in Teilen konkret und nachvollziehbar ausgestaltet und geben dem Arbeitgeber überwiegend ein Regelungswerk an die Hand, an dem er sich zumindest orientieren kann. Im Wesentlichen beschränkt sich die Verordnung dabei auf die Teilbereiche Kontaktreduktion im Betrieb (§ 2 Corona-ArbSchV), auch unter Einführung von Home-Office (§ 2 Abs. 4 Corona-ArbSchV) und das Bereitstellen und Tragen von Mund-Nasen-Schutz (§ 3 Corona-ArbSchV).

• Reduzierung betriebsbedingter Zusammenkünfte mehrerer Personen auf das betriebsnotwendige Minimum

Wichtigstes Merkmal der Verordnung ist die Reduzierung „betriebsbedingter Zusammenkünfte mehrerer Personen auf das betriebsnotwendige Minimum“ insbesondere durch Einsatz von Informationstechnologie. Lediglich wenn dies nicht möglich sein sollte, ist der Schutz der Mitarbeiter durch geeignete Abtrennungen und Lüftungsmaßnahmen zur Aerosolreduzierung zu gewährleisten, was im Einzelfall zu größeren Herausforderungen führen kann (§ 2 Abs. 2 und 3 Corona-ArbSchV).

Gleiches gilt in Räumen, deren Mindestfläche nicht ausreicht, um jeder dort arbeitenden Person eine Fläche von 10 Quadratmetern zur Verfügung zu stellen. Diese Personen sind durch regelmäßiges Lüften und Abtrennungen zwischen den Anwesenden zu schützen (§ 2 Abs. 5 Corona-ArbSchV).

Dabei sollen in Betrieben mit mehr als zehn Beschäftigten möglichst kleine Arbeitsgruppen gebildet und Betriebsabläufe zur Kontaktreduzierung angepasst werden, was insbesondere durch zeitversetztes Arbeiten ermöglicht wird, soweit die betrieblichen Gegebenheiten dies zulassen. Hierdurch werden nach Wunsch des Gesetzgebers nicht nur Kontakte innerhalb des Betriebes eingeschränkt, sondern auch die Belastung des öffentlichen Nah- und Pendelverkehrs zum Betrieb gemindert, was u.a. als wichtigster Ansatzpunkt in der Pandemiebekämpfung gilt.

• Home-Office-Angebot des Arbeitgebers

Diesem Ziel folgend hat der Gesetzgeber nunmehr in § 2 Abs. 4 Corona-ArbSchV eine Verpflichtung des Arbeitgebers eingeführt, im Falle von Büroarbeit oder vergleichbarer Tätigkeit „Home-Office“ anzubieten. Dies setzt voraus, dass keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen. Der Gesetzgeber ist sich bewusst, dass eine einseitige Anordnung von Heimarbeit durch den Arbeitgeber auf Grund des arbeitsvertraglichen Gegenseitigkeitsverhältnisses von Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht möglich ist. Eine gesetzliche, verpflichtende Einführung von Home-Office scheidet nach gegenwärtiger Rechtslage damit ebenso aus. Etwaigen Diskussionen, die dem Arbeitgeber diese Möglichkeit im Rahmen seines Direktionsrechts bei pandemischer Lage im Wege des billigen Ermessens nach § 106 GewO zugebilligt haben, sind damit der Boden entzogen.

Die Einführung von Home-Office ist nur noch auf arbeitsvertraglicher Grundlage oder in Abstimmung mit dem Betriebsrat auf Basis einer Betriebsvereinbarung nach § 77 Abs. 4 BetrVG möglich. Die Unterrichtung des Betriebsrats ist bei Einführung von Home-Office sogar verpflichtend, § 90 BetrVG. Für die Umsetzung ist es zwingend erforderlich, dass die räumlichen und technischen Voraussetzungen in der Wohnung des Arbeitnehmers gegeben sind, was insbesondere durch arbeitsvertragliche Zusatzvereinbarung sicherzustellen ist. Ausweislich der amtlichen Gesetzesbegründung (Bearbeitungsstand 20.01.2021, 15:34 Uhr) sind die Anforderungen an den Heimarbeitsplatz jedoch begrenzt. Es besteht insbesondere keine Vorgabe den „Telearbeitsplatz“ am Maßstab des § 2 Abs. 7 der Arbeitsstättenverordnung auszurichten, was eine Einrichtung und Kontrolle des Arbeitgebers vorausgesetzt hätte. In der Praxis bietet es sich daher an, eine entsprechende Klausel zu vereinbaren mit der der Arbeitnehmer darauf hinweist, dass die Anforderungen bei ihm erfüllt sind.

Nur wenn der Telearbeit zwingende betriebliche Gründe entgegenstehen, kann die Einführung vom Home-Office durch den Arbeitgeber abgelehnt werden. Die Behörde kann in diesem Fall die Darlegung der Gründe verlangen und die betroffene Arbeit sogar untersagen, wenn der Arbeitgeber der Anordnung nicht nachgekommen ist, § 22 Abs. 3 ArbSchG. Was betriebliche Gründe sind, sagt das Gesetz nicht und wird im Einzelfall notfalls unter Zuhilfenahme der Gerichte zu entscheiden sein.

• Bereitstellen von Mund-Nasen-Schutz

Zuletzt verpflichtet die Verordnung den Arbeitgeber zur Bereitstellung von Mund-Nasen-Bedeckungen, die über den bisherigen Standard von sog. Alltagsmasken, DIY-Masken, Behelfsmasken oder auch Community-Masken hinausgehen. Da die Schutzwirkung der vorgenannten Masken vom Design, dem Material, der Dichte und der Anzahl der Gewebelagen abhängig ist und keiner gesetzlichen Vorgabe oder Standard entspricht, sieht der Gesetzgeber den bisherigen Schutz nicht als ausreichend an und verlangt das Tragen von medizinischen Gesichtsmasken, FFP-2-Masken oder vergleichbaren Masken entsprechend der, der Verordnung beigefügten Anlage. Nur diese genormten Masken erachtet der Gesetzgeber, bedingt durch die Qualität des verwendeten Filtermaterials und ihre ergonomische, eng anliegende Gestaltung, für ausreichend. Nur mit diesen Masken soll der notwendige Fremdschutz gewährleistet sein.

Das Tragen der Masken gilt nach § 3 Abs. 1 Corona-ArbSchV immer dann, wenn die Anforderungen an die Raumbelegung nach § 2 der Verordnung (s. o.) oder der Mindestabstand von 1,5 m nicht eingehalten werden kann sowie bei Tätigkeiten bei denen mit Gefährdung durch erhöhten Aerosolausstoß zu rechnen ist, was u.a. bei erhöhtem und lautem Sprechaufkommen der Fall sein soll.

Der Arbeitnehmer ist im Gegenzug verpflichtet die bereitgestellten Masken zu tragen.

Abweichungen sollen nach § 3 Abs. 3 Corona-ArbSchV nur dann möglich sein, wenn der Arbeitgeber ebenso wirksame Maßnahmen trifft, was in der Praxis schwer vorstellbar erscheint und ausweislich der Gesetzesbegründung ausdrücklich nur aus Gründen der Verhältnismäßigkeit in die Verordnung aufgenommen worden ist.

Als Anlage enthält die Corona-ArbSchV eine Auflistung von einsetzbaren Atemschutzmasken, die der Gesetzgeber für „vergleichbar“ zu den medizinischen und den FFP-2-Masken gem. § 3 Abs. 1 ArbSchV hält und die dem Arbeitgeber eine Liste an Masken an die Hand gibt, die er ohne weitere Prüfung verwenden kann. Da es sich um medizinische Produkte handelt, ist der Arbeitnehmer bezüglich An- und Ablegens der Masken durch eine fachkundige Person zu unterweisen und die Masken nach Durchfeuchtung zu wechseln und zu entsorgen, da es sich hierbei überwiegend um Einmalprodukte handelt. Die Sicherstellung der richtigen Handhabung durch den Arbeitgeber wird jedoch nur ausweislich der Gesetzesbegründung vorgeschrieben und ist in der Verordnung so nicht ausdrücklich normiert. Ob dem Arbeitgeber in diesem Zusammenhang sanktionell verfolgbare Pflichten auferlegt werden, bleibt abzuwarten.

Weitergehende Pflichten enthält die Verordnung nicht.

In jedem Fall erweitert die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung, die zur Eindämmung der Pandemie bereits getroffenen einschneidenden Maßnahmen im privaten und öffentlichen Bereich auf das betriebliche Umfeld und gibt dem Arbeitgeber zumindest Anhaltspunkte, wie er den Betrieb „Corona-konform“ ausrichten kann. Zur Ausgestaltung und Umsetzung etwaiger arbeitsvertraglicher Home-Office-Vereinbarungen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie etwaiger Betriebsvereinbarungen von Arbeitgeber und Betriebsrat, sagt die Verordnung allerdings nichts, was insoweit der Rechtsanwendung verbleibt.

Eine Veröffentlichung der SARS-CoV2-Arbeitsschutzverordnung finden Sie unter folgendem Link:

https://www.bundesanzeiger.de/pub/en/amtliche-veroeffentlichung?7

Gern helfen wir bei der entsprechenden Umgestaltung.

RA Karl Neumann, LL.M.

ATN – d’Avoine Teubler Neu – Rechtsanwälte

Erleichterte zeitliche Rahmenbedingungen für natürliche Personen in Insolvenzverfahren

19. Januar 2021

Der Deutsche Bundestag hat am 17.12.2020 das „Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht sowie im Miet- und Pachtrecht“ beschlossen.

Hinter dem ausufernden Titel verbirgt sich für natürliche Personen (u.a. Freiberufler, Einzelunternehmer und Verbraucher) eine erhebliche zeitliche Erleichterung beim Durchlaufen eines Insolvenzverfahrens. Bislang betrug die Laufzeit der sog. Abtretungserklärung – und damit die Zeit, in der insolvenzbedingte Einschränkungen galten – in der Regel fünf oder sechs Jahre, je nachdem ob u.a. die Verfahrenskosten gedeckt waren oder nicht. Obwohl schon die bisherige Rechtslage das Erlangen der Restschuldbefreiung innerhalb von drei Jahren ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens ermöglichte, profitierte bislang nur ein sehr geringer Teil der betroffenen Personen von der Verkürzung, da die Voraussetzungen (Deckung der Verfahrenskosten zuzüglich Realisierung einer Quote von mindestens 35 % für die Gläubiger) nur in den wenigstens Fällen erfüllt werden konnten.

Mit dem nunmehr verabschiedeten Gesetz verkürzt sich die Laufzeit der Abtretungserklärung grundsätzlich auf drei Jahre. Dies bedeutet, der Insolvenzantragsteller tritt den pfändbaren Anteil seiner Gehaltsansprüche bzw. vergleichbare Ansprüche wie etwa den pfändbaren Anteil einer Rentenleistung nur noch für den Zeitraum von drei Jahren ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Abtretungsfrist) an einen vom Gericht zu bestimmenden Treuhänder ab. Eine längere Abtretungsfrist greift nur noch bei sogenannten Folgeinsolvenzen, also dann, wenn dem Antragsteller zuvor bereits einmal die Restschuldbefreiung erteilt worden ist.

Im Ergebnis wird insolventen Personen daher künftig deutlich schneller ein wirtschaftlicher Neuanfang ermöglicht, als dies in der Vergangenheit möglich war. Der Gesetzgeber unterstützt damit sowohl persönlich haftende Unternehmer als auch Verbraucher, die – auch im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie – in eine wirtschaftlich aussichtslose Lage geraten sind, indem eine schnellere Entschuldung ermöglicht wird.

Die zur Umsetzung des Gesetzes erforderlichen Änderungen in der Insolvenzordnung sind rückwirkend zum 01.10.2020 in Kraft getreten. Für Insolvenzanträge, die im Zeitraum vom 17.12.2019 bis einschließlich 30.09.2020 gestellt worden sind, gilt eine Übergangsregelung die in diesen Fällen zu einer Verkürzung von mindestens fünf Monaten – bezogen auf die ursprüngliche sechsjährige Abtretungsfrist – führt.
Überlegungen, die Abtretungsfrist zu verkürzen, gab es bereits seit Längerem. Die Umsetzung bis hin zur finalen Verabschiedung des Gesetzes verzögerte sich hingegen. Mit Inkrafttreten des dargelegten Gesetzes können betroffene Personen nunmehr Insolvenzanträge stellen, für welche die verkürzte Abtretungsfrist greift. Die im Insolvenzantrag zu tätigenden Angaben sollten hierbei gründlich geprüft und vollständig sein. Zudem empfiehlt es sich, dem Insolvenzantrag aussagekräftige und belastbare Nachweise beizufügen. Ein sorgfältig vorbereiteter Insolvenzantrag stellt die Grundlage für die angestrebte Restschuldbefreiung dar und trägt dazu bei, dass vermeidbare Diskussionen und Auseinandersetzungen mit dem Insolvenzverwalter bzw. dem Insolvenzgericht geführt werden müssen.

RA Dennis Kreuzer

ATN – d’Avoine Teubler Neu – Rechtsanwälte

Neues Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG incl. StaRUG) tritt zum 01.01.2021 in Kraft

18. Januar 2021

Nunmehr gelten höhere Anforderungen an die Eigenverwaltung

Mit hohem Druck hat der Gesetzgeber zum Jahresende 2020 noch wichtige Änderungen für die Sanierungspraxis auf den Weg gebracht: Mit dem am 1. Januar 2021 in Kraft getretenen Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG incl. StaRUG) gibt es div. Neuregelungen für Unternehmer, Geschäftsleiter, Gesellschafter, Berater u.a. Stakeholder.

Die Gesetze gehen auf eine EU-Richtlinie aus 2014 zurück. Im StaRUG ist nunmehr ein außergerichtliches Sanierungsverfahren mit vielen Werkzeugen enthalten, welches quasi die „Deutsche Antwort“ auf das englische „Scheme of Arrangement“ ist. Es gibt somit in Europa mehrere Sanierungsverfahren, je nach Land. Die Amerikaner kennen seit Jahrzehnten „Chapter 11“, das ist ebenfalls ein Sanierungsverfahren, und zwar nach US-Recht.

Tatsächlich waren in den letzten Jahren viele europäsische Unternehmen vor der deutschen Insolvenzordnung nach UK „geflüchtet“, um dort unter dem Sceme eine Sanierung durchzuführen, also von einem raschen und flexiblen Vergleichsverfahren zu profitieren, welches in diesem Ex-EU-Mitgliedstaat gilt und einige Vorteile zu anderen Sanierungsgesetzen europäischer Länder bietet. Das wollte die EU verhindern, schließlich soll in der Sanierung nicht ein „Wettbewerb der Rechtsordnungen“ herrschen. Letzteres würde u.U. Nachteile für die Gläubiger zeigen, die letztlich mit Verzichten zur Sanierung beitragen (sollen).

Im StaRUG ist jetzt ein Moratorium enthalten, die sog. Stabilisierungsanordnung in §§ 53 ff. StaRUG: Das Restrukturierungsgericht kann die Verhandlungen des Schuldners mit seinen Gläubigern unterstützen, indem es für die Dauer von höchstens vier Monaten Vollstreckungen oder Verwertungen beschränkt. Maßnahmen der Zwangsvollstreckung werden untersagt oder einstweilen eingestellt (Vollstreckungssperre). Das neue Parallelverfahren der Sanierungsmoderation orientiert sich an einem französischen Vorbild und soll in einfacheren Fällen einen Sanierungsvergleich ermöglichen, der ebenfalls durch ein Gericht bestätigt werden kann. Das Verfahren kann durch einen Restrukturierungsplan beendet werden, somit eine Art „Zwangsvergleich“. Der setzt aber 75%-Mehrheiten in allen Gruppen voraus. Davon wiederum kann abgewichen werden, wenn der überweigende Teil der Gruppen entsprechend stimmt („Cram-down“ /“Cross-class-cram-down“).

Ferner wurde das ESUG, besser gesagt, Teile der Insolvenzordnung mit Präzisierung des Einstiegs in das Eigenverwaltungsverfahren überarbeitet. Aber es gibt – wie häufig in Gesetzen – div. Ausnahmeregelungen. Die Eigenverwaltung nach InsO bleibt eine wichtige Sanierungsoption. Aber der Einstieg muss sorgfältig vorbereitet werden, was sich an § 270a und den Anforderungen an den Antrag zur Eigenverwaltungsplanung zeigt. Denn der Schuldner bzw. Unternehmer muss dem Antrag auf Anordnung der Eigenverwaltung eine Eigenverwaltungsplanung bei fügen. Die muss umfassen:

    • 1. einen Finanzplan, der den Zeitraum von sechs Monaten abdeckt und eine fundierte Darstellung der Finanzierungsquellen enthält, durch welche die Fortführung des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes und die Deckung der Kosten des Verfahrens in diesem Zeitraum sichergestellt werden soll,
    • 2. ein Konzept für die Durchführung des Insolvenzverfahrens, welches auf Grundlage einer Darstellung von Art, Ausmaß und Ursachen der Krise das Ziel der Eigenverwaltung und die Maßnahmen beschreibt, welche zur Erreichung des Ziels in Aussicht genommen werden,
    • 3. eine Darstellung des Stands von Verhandlungen mit Gläubigern, den am Schuldner beteiligten Personen und Dritten zu den in Aussicht genommenen Maßnahmen,
    • 4. eine Darstellung der Vorkehrungen, die der Schuldner getroffen hat, um seine Fähigkeit sicherzustellen, insolvenzrechtliche Pflichten zu erfüllen, und
    • 5. eine begründete Darstellung etwaiger Mehr- oder Minderkosten, die im Rahmen der Eigenverwaltung im Vergleich zu einem Regelverfahren und im Verhältnis zur Insolvenzmasse voraussichtlich anfallen werden (Anm. = „Vergleichsrechnung).

Nach dem SanInsFoG/StarUG werden somit die Einstiegsvoraussetzungen für die Eigenverwaltung (zu Lasten des Antragstellers) erhöht. Sie werden stärker an die Interessen der Gläubiger gebunden. Der Unternehmer soll rechtzeitig und gewissenhaft vorbereiten, dann erhält er auf Antrag eine Art „Vertrauensvorschuss“ in Form der Eigenverwaltung. Insoweit führt der GF selbst weiter Regie, in der Regel beraten durch einen Sanierungsexperten. Insofern mag von einem „Verzicht auf die Bestellung eines Insolvenzverwalters“ gesprochen werden.

Bis zum 31. Dezember 2020 setzte die Anordnung der Eigenverwaltung lediglich voraus, dass sie „vom Schuldner beantragt“ wird und „keine Umstände bekannt, dass die Anordnung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird“. Das verhalf div. „Zombie-Unternehmen“ und nicht geeigneten Unternehmen in die Eigenverwaltung, was sich am Ende als nicht zielführend erwies oder nicht die Billigung der Stakeholder fand.

Ab 2021 sind damit die Einstiegsvoraussetzung deutlich höher. Nach dem SanInsFoG/StaRuG muss der Unternehmer seinem Antrag auf Eigenverwaltung zusätzlich besagte Eigenverwaltungsplanung (§ 270a InsO n.F.) beifügen. Die Entwicklung und Beifügung ausreichender Unterlagen ist anspruchsoll.
Der Gesetzgeber verfolgt mit der Vorlage der Eigenverwaltungsplanung drei Ziele:

    1. Nur kompetente Unternehmer – mit oder ohne entspr. Beratung/Unterstützung – kommen für die EvW in Betracht: Solche Verfahren sind sorgfältig vorzubereiten, die Vorbereitung ist dokumentieren, Sinnhaftigkeit und Realisierbarkeit des Vorhabens sind aufzuzeigen
    2. Rechtssicherheit für alle Stakeholder, insbesondere der Unternehmer weiß exakt um die Voraussetzungen für die Sanierung via Eigenverwaltung.
    3. Kontrolle und Begleitung des Verfahrens. Sollte sich während der Eigenverwaltung zeigen, dass sich Handlungen und Maßnahmen Gläubigerinteressen negativ beinflussen oder sich nicht mit dem vorgelegten Konzept vereinbaren lassen, kann die Eigenverwaltung beendet werden.

Weitere Regelungen zur Eigenverwaltung nach § 270 InsO InsO unterscheiden zwischen

    • vorläufigem Eigenverwaltungsverfahren nach § 270b InsO n.F. und
    • Schutzschirm nach § 270d InsO n.F.

Details folgen mit gesonderter Darstellung.

Fazit:

SanInsFoG und StaRUG klingen sperrig, es ist halt ein typischen deutsches Gesetz. Der Gesetzgeber hat mit den eingeführten Änderungen einerseits die Hürden für die Anordnung einer Eigenverwaltung deutlich erhöht. Andererseits beabsichtigt er damit, dass auch Rechts- und Planungssicherheit in Bezug auf die Anordnung geschaffen wird. Entsprechend der Begründung des Regierungsentwurfs ist das Gericht gehalten, die Eigenverwaltung anzuordnen, sofern eine vollständige und schlüssige Eigenverwaltungsplanung vorliegt. Nur wenn dem Gericht Umstände bekannt sind, aus denen sich ergibt, dass die Planung in wesentlichen Punkten auf unzutreffenden Tatsachenangaben beruht, kann das Gericht den Eigenverwaltungsantrag ablehnen oder eine Nachfrist zur Nachbesserung setzen, § 270b Abs. 1 InsO n.F. In der Praxis empfehlen sich nicht nur gründliche Vorüberlegungen und Untersuchung sondern auch ein sorgfältiger Antrag unter Beifügung belastbarer Unterlagen.

Erfolgreicher Inhaberwechsel der Kronen-Apotheke

4. Januar 2021

Wie wir bereits Ende letzten Jahres berichteten, konnte die Kronen-Apotheke in Wuppertal zum 01.01.2021 an den Osnabrücker Apotheker Mohammed Ghani veräußert werden. Die Kronen-Apotheke wurde in dem Eigenverwaltungsverfahren eng von den Restrukturierungsexperten RA Thorsten Kapitza, RA Robin Schmahl und RA Paul Michels, Rechtsanwälte der Kanzlei ATN d’Avoine Teubler Neu, begleitet.

Die Westdeutsche Zeitung berichtete am 03.01.2021 über die Übergabe: WZ – Wuppertaler Kronen-Apotheke an neuen Inhaber übergeben