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Neues Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG incl. StaRUG) tritt zum 01.01.2021 in Kraft

18. Januar 2021

Nunmehr gelten höhere Anforderungen an die Eigenverwaltung

Mit hohem Druck hat der Gesetzgeber zum Jahresende 2020 noch wichtige Änderungen für die Sanierungspraxis auf den Weg gebracht: Mit dem am 1. Januar 2021 in Kraft getretenen Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG incl. StaRUG) gibt es div. Neuregelungen für Unternehmer, Geschäftsleiter, Gesellschafter, Berater u.a. Stakeholder.

Die Gesetze gehen auf eine EU-Richtlinie aus 2014 zurück. Im StaRUG ist nunmehr ein außergerichtliches Sanierungsverfahren mit vielen Werkzeugen enthalten, welches quasi die „Deutsche Antwort“ auf das englische „Scheme of Arrangement“ ist. Es gibt somit in Europa mehrere Sanierungsverfahren, je nach Land. Die Amerikaner kennen seit Jahrzehnten „Chapter 11“, das ist ebenfalls ein Sanierungsverfahren, und zwar nach US-Recht.

Tatsächlich waren in den letzten Jahren viele europäsische Unternehmen vor der deutschen Insolvenzordnung nach UK „geflüchtet“, um dort unter dem Sceme eine Sanierung durchzuführen, also von einem raschen und flexiblen Vergleichsverfahren zu profitieren, welches in diesem Ex-EU-Mitgliedstaat gilt und einige Vorteile zu anderen Sanierungsgesetzen europäischer Länder bietet. Das wollte die EU verhindern, schließlich soll in der Sanierung nicht ein „Wettbewerb der Rechtsordnungen“ herrschen. Letzteres würde u.U. Nachteile für die Gläubiger zeigen, die letztlich mit Verzichten zur Sanierung beitragen (sollen).

Im StaRUG ist jetzt ein Moratorium enthalten, die sog. Stabilisierungsanordnung in §§ 53 ff. StaRUG: Das Restrukturierungsgericht kann die Verhandlungen des Schuldners mit seinen Gläubigern unterstützen, indem es für die Dauer von höchstens vier Monaten Vollstreckungen oder Verwertungen beschränkt. Maßnahmen der Zwangsvollstreckung werden untersagt oder einstweilen eingestellt (Vollstreckungssperre). Das neue Parallelverfahren der Sanierungsmoderation orientiert sich an einem französischen Vorbild und soll in einfacheren Fällen einen Sanierungsvergleich ermöglichen, der ebenfalls durch ein Gericht bestätigt werden kann. Das Verfahren kann durch einen Restrukturierungsplan beendet werden, somit eine Art „Zwangsvergleich“. Der setzt aber 75%-Mehrheiten in allen Gruppen voraus. Davon wiederum kann abgewichen werden, wenn der überweigende Teil der Gruppen entsprechend stimmt („Cram-down“ /“Cross-class-cram-down“).

Ferner wurde das ESUG, besser gesagt, Teile der Insolvenzordnung mit Präzisierung des Einstiegs in das Eigenverwaltungsverfahren überarbeitet. Aber es gibt – wie häufig in Gesetzen – div. Ausnahmeregelungen. Die Eigenverwaltung nach InsO bleibt eine wichtige Sanierungsoption. Aber der Einstieg muss sorgfältig vorbereitet werden, was sich an § 270a und den Anforderungen an den Antrag zur Eigenverwaltungsplanung zeigt. Denn der Schuldner bzw. Unternehmer muss dem Antrag auf Anordnung der Eigenverwaltung eine Eigenverwaltungsplanung bei fügen. Die muss umfassen:

    • 1. einen Finanzplan, der den Zeitraum von sechs Monaten abdeckt und eine fundierte Darstellung der Finanzierungsquellen enthält, durch welche die Fortführung des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes und die Deckung der Kosten des Verfahrens in diesem Zeitraum sichergestellt werden soll,
    • 2. ein Konzept für die Durchführung des Insolvenzverfahrens, welches auf Grundlage einer Darstellung von Art, Ausmaß und Ursachen der Krise das Ziel der Eigenverwaltung und die Maßnahmen beschreibt, welche zur Erreichung des Ziels in Aussicht genommen werden,
    • 3. eine Darstellung des Stands von Verhandlungen mit Gläubigern, den am Schuldner beteiligten Personen und Dritten zu den in Aussicht genommenen Maßnahmen,
    • 4. eine Darstellung der Vorkehrungen, die der Schuldner getroffen hat, um seine Fähigkeit sicherzustellen, insolvenzrechtliche Pflichten zu erfüllen, und
    • 5. eine begründete Darstellung etwaiger Mehr- oder Minderkosten, die im Rahmen der Eigenverwaltung im Vergleich zu einem Regelverfahren und im Verhältnis zur Insolvenzmasse voraussichtlich anfallen werden (Anm. = „Vergleichsrechnung).

Nach dem SanInsFoG/StarUG werden somit die Einstiegsvoraussetzungen für die Eigenverwaltung (zu Lasten des Antragstellers) erhöht. Sie werden stärker an die Interessen der Gläubiger gebunden. Der Unternehmer soll rechtzeitig und gewissenhaft vorbereiten, dann erhält er auf Antrag eine Art „Vertrauensvorschuss“ in Form der Eigenverwaltung. Insoweit führt der GF selbst weiter Regie, in der Regel beraten durch einen Sanierungsexperten. Insofern mag von einem „Verzicht auf die Bestellung eines Insolvenzverwalters“ gesprochen werden.

Bis zum 31. Dezember 2020 setzte die Anordnung der Eigenverwaltung lediglich voraus, dass sie „vom Schuldner beantragt“ wird und „keine Umstände bekannt, dass die Anordnung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird“. Das verhalf div. „Zombie-Unternehmen“ und nicht geeigneten Unternehmen in die Eigenverwaltung, was sich am Ende als nicht zielführend erwies oder nicht die Billigung der Stakeholder fand.

Ab 2021 sind damit die Einstiegsvoraussetzung deutlich höher. Nach dem SanInsFoG/StaRuG muss der Unternehmer seinem Antrag auf Eigenverwaltung zusätzlich besagte Eigenverwaltungsplanung (§ 270a InsO n.F.) beifügen. Die Entwicklung und Beifügung ausreichender Unterlagen ist anspruchsoll.
Der Gesetzgeber verfolgt mit der Vorlage der Eigenverwaltungsplanung drei Ziele:

    1. Nur kompetente Unternehmer – mit oder ohne entspr. Beratung/Unterstützung – kommen für die EvW in Betracht: Solche Verfahren sind sorgfältig vorzubereiten, die Vorbereitung ist dokumentieren, Sinnhaftigkeit und Realisierbarkeit des Vorhabens sind aufzuzeigen
    2. Rechtssicherheit für alle Stakeholder, insbesondere der Unternehmer weiß exakt um die Voraussetzungen für die Sanierung via Eigenverwaltung.
    3. Kontrolle und Begleitung des Verfahrens. Sollte sich während der Eigenverwaltung zeigen, dass sich Handlungen und Maßnahmen Gläubigerinteressen negativ beinflussen oder sich nicht mit dem vorgelegten Konzept vereinbaren lassen, kann die Eigenverwaltung beendet werden.

Weitere Regelungen zur Eigenverwaltung nach § 270 InsO InsO unterscheiden zwischen

    • vorläufigem Eigenverwaltungsverfahren nach § 270b InsO n.F. und
    • Schutzschirm nach § 270d InsO n.F.

Details folgen mit gesonderter Darstellung.

Fazit:

SanInsFoG und StaRUG klingen sperrig, es ist halt ein typischen deutsches Gesetz. Der Gesetzgeber hat mit den eingeführten Änderungen einerseits die Hürden für die Anordnung einer Eigenverwaltung deutlich erhöht. Andererseits beabsichtigt er damit, dass auch Rechts- und Planungssicherheit in Bezug auf die Anordnung geschaffen wird. Entsprechend der Begründung des Regierungsentwurfs ist das Gericht gehalten, die Eigenverwaltung anzuordnen, sofern eine vollständige und schlüssige Eigenverwaltungsplanung vorliegt. Nur wenn dem Gericht Umstände bekannt sind, aus denen sich ergibt, dass die Planung in wesentlichen Punkten auf unzutreffenden Tatsachenangaben beruht, kann das Gericht den Eigenverwaltungsantrag ablehnen oder eine Nachfrist zur Nachbesserung setzen, § 270b Abs. 1 InsO n.F. In der Praxis empfehlen sich nicht nur gründliche Vorüberlegungen und Untersuchung sondern auch ein sorgfältiger Antrag unter Beifügung belastbarer Unterlagen.