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Mietzinsausfälle infolge der Corona-Pandemie – Krisenbedingter Schutz für Mieter und Pächter

27. März 2020

Rechtsanwälte Sebastian Haug und Karl Neumann, ATN Rechtsanwälte

Die Corona-Pandemie hinterlässt immer weitreichendere Spuren. Unternehmen und Kleinbetriebe melden Kurzarbeit an. Selbständige leiden unter massiven Gewinneinbrüchen infolge stornierte Aufträge, leerstehender Gastronomie oder Absagen bereits gebuchter Veranstaltungen. Dies hat nicht nur Auswirkungen auf die berufliche Existenz des Einzelnen sondern kann auch das eigene Zuhause gefährden, indem Mieten auf Grund entgangenen Einkommens nicht bezahlt werden können.

Grundsätzlich gilt auch in Krisenzeiten der Grundsatz „pacta sunt servanda“

(Verträge sind einzuhalten). Für Vermieter bedeutet das, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren; für Mieter die Verpflichtung, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten, § 535 BGB. Kommt eine der Parteien ihren Verpflichtungen nicht ausreichend nach, kommt eine Kündigung des Mietverhältnis aus wichtigem Grund in Betracht. Das ist bei Mietern insbesondere dann der Fall, wenn der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teiles der Miete in Verzug ist oder in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eine Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht, § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Mit Blick auf die derzeitigen Einkommenseinbußen kann dieser Betrag schnell erreicht sein.

Einschränkung des vermieterseitigen Kündigungsrechts bei Mietausfall

Damit der Einzelne neben seiner Existenz nicht auch noch um sein persönliches Zuhause fürchten muss, hat der Bundestag am 25.03.2020 Regelungen zum Schutz von Mietern beschlossen, kraft derer die vorgenannten Kündigungsrechte des Vermieters eingeschränkt werden. In einem neuen Art. 240 § 2 EGBGB heißt es:

Der Vermieter kann ein Mietverhältnis über Grundstücke oder über Räume nicht allein aus dem Grund kündigen, dass der Mieter im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 trotz Fälligkeit die Miete nicht leistet, sofern die Nichtleistung auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht. Der Zusammenhang zwischen COVID-19-Pandemie und Nichtleistung ist glaubhaft zu machen. Sonstige Kündigungsrechte bleiben unberührt.

Mieter können sich für Mietausfälle für Zeiten vom 01.04. bis 30.06.2020 daher darauf berufen, dass Ihre verminderte finanzielle Leistungsfähigkeit auf den Folgen der Coronavirus-Pandemie beruht und müssen in diesen ohnehin schwierigen Zeiten nicht auch noch besorgt sein, ihre Wohnung zu verlieren. Der Mieter muss im Streitfall nur den Zusammenhang zwischen der COVID-19-Pandemie und der Nichtleistung „glaubhaft“ machen. Es genügt, wenn die behaupteten Tatsachen wahrscheinlich erscheinen, was bei betriebsbedingten Kündigungen, Umsatzeinbußen und Ladenschließungen der Fall sein dürfte.

Gesetzesänderung gilt für Mieter und Pächter gleichermaßen

Die Vorschriften sind nicht abdingbar – können also nicht zum Nachteil des Mieters ausgeschlossen werden – und gelten für Pachtverhältnisse entsprechend (Abs. 2 und 3). Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass Mieter und Pächter für Mietzinszahlungen nach dem 30.06.2020 Tilgungsbestimmungen treffen, kraft derer auf Mietzinsen für Zeiträume nach dem 30.06.2020 geleistet werden soll. Mieter werden durch die vorgenannten Änderungen nicht von der Entrichtung der Miete befreit. Trägt der Mieter die aufgelaufenen Mietschulden im Anschluss ab, werden gem. § 366 Abs. 2 Var. 4 BGB zunächst die ältesten Mietschulden getilgt, mit der Folge, dass der Mieter mit zwei aufeinander folgenden Mieten nach dem 30.06.2020 in Verzug geraten kann, was den Vermieter wiederrum zur außerordentlichen Kündigung gem. § 543 Abs. 2 Nr. 3 berechtigen könnte.

Im Übrigen gilt Art. 240 Abs. 1 bis 3 EGBGB n.F. gem. Abs. 4 nur bis zum 30.06.2022. Mieter haben daher zwei Jahre Zeit die Mietrückstände auszugleichen. Danach berechtigen Mietrückstände für Zeiten vom 01.04. bis zum 30.06.2020 erneut zur außerordentlichen Kündigung des Vermieters.

Hier ist Vorsicht geboten. Sowohl die Voraussetzungen als auch die Konsequenzen der Berufung auf die Leistungsunfähigkeit müssen wohlüberlegt sein.