Corona – Maßnahmenpakete und gesetzliche Regelungen – Restrukturierung und Sanierung
3. April 2020Zusammenfassung der bisherigen gesetzlichen Regelungen und Maßnahmenpakete im Zusammenhang mit der Coronakrise und ein Ausblick auf Restrukturierung und Sanierung
Rechtsanwälte Ignacio Ordejón Zuckermaier (Arbeitsrecht, Steuerrecht und Finanzierung) und Peter Mazzotti (Sanierung, Restrukturierung und Insolvenzrecht), ATN Rechtsanwälte
Die Coronakrise hat uns fest im Griff. Unternehmen müssen aktuell wissen, welche rechtlichen, finanziellen, steuerlichen oder organisatorischen Änderungen sich ergeben haben. Den Überblick über die beinahe täglichen Änderungen zu behalten, ist schwer. Noch schwerer ist es allerdings, Unternehmen einen Ausblick oder eine Perspektive zu bieten, wie sie in drei, fünf oder sechs Monaten aufgestellt sein und welche Konsequenzen die getroffenen Maßnahmen haben werden.
Hinsichtlich der Regelungen im Bereich der Restrukturierung und Sanierung hat sich einiges getan. Wichtig wird die Kombination von kurz- und mittel-/langfristigen Maßnahmen sein, um die Krise zu überstehen. Der Unternehmer wird kurzfristig Liquidität benötigen, ohne mittel- und langfristig unter einer erhöhten Finanzierungslast zusammenzubrechen. Jede Maßnahme, die jetzt wirkt, muss also auch dahingehend bewertet werden, ob sie auf lange Sicht rechtlich und wirtschaftlich tragbar ist.
Es fehlt, scheint es, ein Überblick über den bisherigen Stand der Regelungen. Stichwortartig wollen wir daher nach dem bisherigen Stand die Maßnahmen zusammenfassen, die bereits beschlossen und umgesetzt worden sind:
Welche kurzfristigen Maßnahmen stehen dem Unternehmer bereits jetzt zur Verfügung?
1. Kostenreduzierung
- Kurzarbeitergeld
- Stundung von Sozialversicherungsbeiträgen
- Stundung, Aussetzung, Moratorium bei Dauerschuldverhältnissen
2. Reduzierung von Abgaben
- Ausgleichsabgabe Schwerbehinderte
- Stundung / Ratenzahlung von Beiträgen zur Berufsgenossenschaft
3. Steuerliche Maßnahmen
- Herabsetzung Gewerbesteuermessbetrag für Vorauszahlungen
- Zinslose Stundungen für fällige oder fällig werdende Steuern: Einkommen- / Körperschaft- / Umsatzsteuer
- Absenkung Vorauszahlung Einkommen-/ Körperschaft- / Gewerbesteuer
- Aussetzung von Vollstreckungsmaßnahmen
- Erlass von Säumniszuschlägen
- Sondervorauszahlungen für Dauerfristverlängerungen bei derUSt. werden für krisenbetroffene Unternehmen aufNull gesetzt.
- Stundung, Vollstreckungsaufschub und Anpassung von Vorauszahlungen bei Steuern, die vom Zoll verwaltet werden: Einfuhrumsatzsteuer, Energiesteuer, Luftverkehrsteuer
4. Finanzielle Hilfen
- KfW Unternehmerkredit: Haftungsfreistellung bis 80% für Betriebsmittelkredite durch die Hausbank bis 200 Mio. EUR. Auch für Großunternehmen mit Umsatz bis zu 2 Mrd. EUR.
- Gleiche Bedingungen für denERPGründerkredit für Unternehmen mit weniger als 5 Jahren.
- KfW Kredit für Wachstum – Allgemeine Unternehmensfinanzierung einschließlich Betriebsmittel. Beschränkung auf Investitionen in Innovation und Digitalisierung ist aufgehoben. Risikoübernahme bis zu 70%.
- KfW Sonderprogramm– Beteiligung an Konsortialfinanzierung für Innovationen und Betriebsmittel. Bis zu 80% Risikoübernahme, aber höchstens 50% der Gesamtverschuldung.
- Expressbürgschafteninnerhalb von 3 Tagen bis 1 Woche.
- Großbürgschaftsprogrammder Länder und des Bundes für strukturschwache Regionen ab 20 Mio. EUR.
- Soforthilfen für Kleinstunternehmerund Soloselbständige (Bund) und Angehörige der Freien Berufe mit bis zu 10 Arbeitnehmern:
– Bis 5 Beschäftigte: Einmaliger Zuschuss von bis zu EUR 9.000 für drei Monate
– Bis zu 10 Beschäftigte: Einmaliger Zuschuss von bis zu 15.000 EUR für drei Monate – Antragstellung erfolgt über die Länder (NRW: Bezirksregierungen Arnsberg, Detmold, Düsseldorf, Köln, Münster). - Soforthilfen für Kleinunternehmer(Land)
Unternehmen, Soloselbständige, Angehörige der Freien Berufe, Künstler
– Bis zu 50 Beschäftigte
– wirtschaftliche Schwierigkeiten wegen Corona (Finanzierungsengpass nicht schon vor dem 01.03.2020)
– 9.000 EUR für Soloselbständige und Antragsberechtigte bis 5 Beschäftigte
– 15.000 EUR für Antragsberechtigte bis 10 Beschäftigte
– 25.000 EUR für Antragsberechtigte bis 50 Beschäftigte
5. Entschädigungen
- Zahlungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer bis sechs Wochen nach einem behördlichen Tätigkeitsverbot (nur inländisch) oder Quarantänefall werden nach dem Infektionsschutzgesetz ersetzt.
- Entschädigung bei Verdienstausfall von Selbständigen nach dem Infektionsschutzgesetz
Was ist jetzt bereits unbedingt im Hinblick auf Insolvenz, Restrukturierung und Sanierung zu beachten?
Die folgenden Punkte sind nur eine summarische Darstellung einer sehr detaillierten gesetzlichen Regelung. Gerne stellen wir Ihnen per Download unser „Merkblatt Insolvenz, Restrukturierung und Sanierung – Corona“ zur Verfügung, in dem die folgenden Punkte im Einzelnen ausgeführt sind:
1. Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und Fremdanträgen
In der Zeit vom 01.03. bis 30.09.2020 ist die Insolvenzantragspflicht unter engen Voraussetzungen ausgesetzt. Wer in diesen Fällen verspätet einen Insolvenzantrag stellt, macht sich dadurch nicht strafbar.
Gläubiger können in der Zeit vom 28.03.2020 bis zum 28.06.2020 einen Insolvenzantrag nur stellen, wenn der Eröffnungsgrund bereits vor diesem Zeitraum vorlag.
2. Organhaftung
Nach geltendem Recht läuft ein Geschäftsleiter bei Zahlungen an Dritte in der Krise Gefahr, sich
schadensersatzpflichtig oder sogar strafbar zu machen. Nach der neuen Regelung gelten in der Zeit vom 01.03. bis 30.09.2020 in diesen Fällen besondere Erleichterungen. Wenn die Unternehmung bis zur Corona-Krise gesund war und dies für die Zeit nach der Corona-Krise auch wieder anzunehmen ist, wird von einer Haftung abgesehen.
Aber Achtung: Es gibt keine vergleichbare Vorschrift in der Abgabenordnung. Die Haftung nach den §§ 34, 69 AO für nicht abgeführte Steuern gilt derzeit unverändert – auch im Zeitraum 01.03. bis 30.09.2020. Der Verband der Insolvenzverwalter Deutschlands (VID) versucht derzeit, insoweit einen Gleichklang in der Gesetzgebung herbeizuführen.
3. Krisen-Darlehen: Rückgewähr und Besicherung unanfechtbar, kein Nachrang
Fremd- und Gesellschafterdarlehen In der Zeit vom 01.03. bis 30.09.2020 sind bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nicht gläubigerbenachteiligend oder nachrangig. Darüber hinaus sind eine Reihe von Handlungen (etwa die Sicherung oder Befriedigung von Gläubigerforderungen) unter bestimmten Voraussetzungen nicht anfechtbar.
Sonderregeln gelten auch für Kredite, die von der Kreditanstalt für Wiederaufbau und ihren Finanzierungspartnern oder von anderen Institutionen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme anlässlich der COVID-19-Pandemie gewährt werden. Sie werden nicht als sittenwidriger Beitrag zur Insolvenzverschleppung bewertet. Das gilt auch dann, wenn der Kredit nach dem 30.09.2020 gewährt oder besichert wird.
Was muss der Unternehmer jetzt bereits planen, vorbereiten und umsetzen?
1. Liquiditätsstatus und -planung (abgeleitet aus integrierter Finanzplanung)
Um später nicht strafrechtlich in die Verantwortung und zivilrechtlich in die Haftung genommen zu werden, muss der Geschäftsleiter unverzüglich prüfen, ob für ihn die gesetzliche Vermutung der Corona-bedingten Krise eines Unternehmens und der Sanierungsfähigkeit gilt.
Dazu ist ein Liquiditätsstatus zum 31.12.2019 erforderlich. Bestand zu diesem Stichtag eine Liquiditätsunterdeckung von 10 % oder mehr, muss diese innerhalb von drei Wochen beseitigt worden sein. Kann die Zahlungsfähigkeit zum 31.12.2019 auf diese Weise nicht nachgewiesen werden, gelten die insolvenz-, straf- und zivilrechtlichen Verantwortungsnormen wie bisher. Der Geschäftsleiter muss dann bei späterer Insolvenz also zu seinen Gunsten stets positiv beweisen können, dass die Insolvenzreife erst später eingetreten ist. Umgekehrt bedeutet das: Will ein insolventes Unternehmen die Sonderregeln für sich in Anspruch nehmen, muss der Geschäftsleiter beweisen können, dass es am 31.12.2019 noch nicht insolvenzreif war.
2. Eigenverwaltung und Schutzschirm
Wenn das Unternehmen zumindest in Teilen operativ ertragfähig ist und saniert werden kann, kann eine Insolvenz in Eigenverwaltung in Frage kommen, um das Unternehmen dauerhaft in eigener Hand zu behalten. Das erforderliche (insolvenz-)rechtliche Know-How stellen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Wir stehen sowohl als Berater des Schuldners als auch als kooperativer Sachwalter in solchen Konstellationen zur Verfügung.
Wichtig ist, dass die langfristige Fortführung des Unternehmens auch über seine kurzfristige Rettung hinaus nicht aus dem Blick gerät. Wir bieten Ihnen an, Sie durch die Krise zu begleiten. Im Bereich der Rechtsberatung können wir Ihnen schon bezüglich der Planung und Durchführung der kurzfristigen Maßnahmen zur Seite stehen. Ebenso wichtig wird aber die mittel- und langfristige Restrukturierung sein, um das dauerhafte Überleben des Unternehmens zu sichern. Das Know-How und das Instrumentarium hierfür bieten wir Ihnen an. Die Umsetzung sollte kurzfristig gemeinsam erarbeitet werden.
Bitte sprechen Sie uns an. Gerne stehen wir Ihnen telefonisch oder auf elektronischem Weg zur Verfügung.