Neues Finanzmarkt­digitalisierungsgesetz (FinmadiG)

7. November 2023

Regierungsentwurf vom 23.10.2023

Mit dem Gesetzentwurf des Zukunftsfinanzierungsgesetzes ( ZuFinG) hatte die Regierung im Juni 2023 ein Paket zur Änderung  einer Vielzahl von Gesetzen auf den Weg gebracht, dessen Verabschiedung im Bundestag Ende 2023 zu erwarten ist. Damit soll die Leistungsfähigkeit des deutschen Kapitalmarktes gestärkt und die Attraktivität des deutschen Finanzstandortes erhöht werden. 

Der nunmehrige Referentenentwurf zum FinmadiG fasst verschiedene Gesetze zur Durchführung der Europäischen Verordnungen MiCA (Markets in Crypto Assets), der Neufassung der EU-Geldtransferverordnung (Transfer of Funds Regulation) sowie der Durchführung bzw. Umsetzung des europäischen DORA-Pakets (Digital Operational Resilience Act (Verordnung und Richtlinie) nebst Begründung (Stand: 23.10. 2023), zusammen. Der Entwurf zum FinmadiG beinhaltet Änderungen  einiger – noch nicht in Kraft getretener – Regelungen des ZuFinG, das den Umgang mit Kryptowerten in deren Insolvenz klarstellt und den Schutz des von Kryptoverwahrern verwahrten Kundenvermögens konkretisiert.

FinmadiG ergänzt Zukunftsfinanzierungsgesetzes ( ZuFinG)

Auch der Entwurf des FinmadiG zielt auf eine „Stärkung des Vertrauens in neue digitale Finanzinfrastrukturen“ und will die „digitale Resilienz erhöhen“. Angesichts der rasanten technischen Entwicklung sind Regeln geboten, um den gestiegenen Geldwäscherisiken entgegenzuwirken, welche unzweifelhaft auch mit Kryptowerten in Zusammenhang gebracht werden.

Zudem wird mit dem vorliegenden Entwurf die bisherige nationale Regulierung von Bankgeschäften und Finanzdienstleistungen in Hinblick auf Kryptowerte, namentlich im Kreditwesengesetz (KWG), in den neuen Rechtsrahmen der Verordnung (EU) 2023/1114 überführt und dort an die Besonderheiten der Kryptomärkte angepasst. Institute, die derzeit nach nationalem Recht Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen in Bezug auf Kryptowerte betreiben bzw. erbringen, sollen möglichst einfach in diesen neuen Rechtsrahmen überführt werden.

Zur Durchführung der Verordnung (EU) 2023/1113 erfolgen Anpassungen im Geldwäschegesetz (GwG) in Bezug auf Kryptowertetransfers. Dazu gehört insbesondere die Festlegung der Aufsichtszuständigkeit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) für die Überwachung der Einhaltung der Vorgaben durch die Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen.

Einzelne Gesetze

Eines der neuen Einzelgesetze im Rahmen des FinmadiG ist das Kryptomärkteaufsichtsgesetz (KMAG-E). Dieses regelt den Handel auf Handelsplattformen für Kryptowerte und Verhinderung von Marktmissbrauch auf Handelsplattformen für Kryptowerte, etwa durch:

  • § 30 KMAG-E: Verfolgung von Marktmissbrauch
  • § 32 KMAG-E: Anzeige straftatbegründender Tatsachen
  • § 33 KMAG-E: Aussetzung des Handels und Ausschluss von Kryptowerten vom Handel; Maßnahmen in Bezug auf mit dem Kryptowert verbundene Derivate
  • § 34 KMAG-E: Bekanntmachung marktrelevanter Informationen zum Handel zugelassener Kryptowerte

Insolvenzregelungen 

Für die Insolvenz ist § 43 Abs. 1 KMAG-E zu nennen:

„(1) Wird ein Institut zahlungsunfähig oder tritt Überschuldung ein, so haben die Mitglieder des Leitungsorgans dies der Bundesanstalt unter Beifügung aussagekräftiger Unterlagen unverzüglich anzuzeigen; die Mitglieder des Leitungsorgans haben eine solche Anzeige auch dann vorzunehmen, wenn das Institut voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten zum Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen (drohende Zahlungsunfähigkeit). Soweit diese Personen nach anderen Rechtsvorschriften verpflichtet sind, bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen, tritt an die Stelle der Antragspflicht die Anzeigepflicht nach Satz 1. Das Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Instituts findet im Falle der Zahlungsunfähigkeit, der Überschuldung oder unter den Voraussetzungen des Satzes 5 auch im Falle der drohenden Zahlungsunfähigkeit statt. Den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Instituts kann nur die Bundesanstalt stellen. Im Fall der drohenden Zahlungsunfähigkeit darf die Bundesanstalt den Antrag jedoch nur mit Zustimmung des Instituts stellen.“

Die Regelung in § 43 Abs. 1 KMAG-E wird begrüßt. Allerdings bedarf es der Konkretisierung der Bezeichnung „unter Beifügung aussagekräftiger Unterlagen“. Damit sollten sich die Verfasser des Entwurfs bzw. die Regierung noch zu beschäftigen haben.

§ 43 Abs. 2 KMAG-E sieht vor:

„(2) Vor der Bestellung des Insolvenzverwalters hat das Insolvenzgericht die Bundesanstalt anzuhören. Der Eröffnungsbeschluss ist der Bundesanstalt gesondert zuzustellen. Das Insolvenzgericht übersendet der Bundesanstalt alle weiteren, das Verfahren betreffenden Beschlüsse und erteilt auf Anfrage Auskunft zum Stand und Fortgang des Verfahrens. Die Bundesanstalt kann Einsicht in die Insolvenzakten nehmen.“

Auch diese Regelung ist grundsätzlich zu begrüßen, allerdings sollte sie ergänzt werden, ebenso § 43 Abs. 3 KMAG-E.

„(3) Der Insolvenzverwalter informiert die Bundesanstalt laufend über Stand und Fortgang des Insolvenzverfahrens, insbesondere durch Überlassung der Berichte für das Insolvenzgericht, die Gläubigerversammlung oder einen Gläubigerausschuss. Die Bundesanstalt kann darüber hinaus weitere Auskünfte und Unterlagen zum Insolvenzverfahren verlangen.“

Eine Ergänzung um den „eigenverwaltenden Schuldner sowie den Sachwalter“ wird diskutiert.  

 Verweis auf das Kreditwesengesetz

§ 43 Abs. 4 KMAG-E verweist auf §§ 46c bis 46g mit Ausnahme von § 46d des Kreditwesengesetzes.

§ 44 KMAG-E regelt die Aussonderung bei Kryptoverwahrung und steht im Kontext zu §§ 26b und 46i KWG:

„(1) Der im Rahmen der Kryptoverwahrung für einen Kunden verwahrte Kryptowert gilt als dem Kunden gehörig.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für den dem Kunden zustehenden Anteil an Kryptowerten in gemeinschaftlicher Verwahrung sowie für isoliert verwahrte private kryptographische Schlüssel.

(3) Stimmt der Kunde im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Instituts einer Aussonderung im Rahmen einer Übertragung des vom Institut verwahrten Gesamtbestands auf ein anderes Institut, das Kryptoverwahrung erbringt, nicht zu, trägt er die Kosten der Aussonderung. Dies gilt nicht, wenn die Bedingungen, zu denen das andere Instituts [sic] eine Fortführung des Verwahrverhältnisses anbietet, für den Kunden unzumutbar sind. Die Sätze 1 und 2 sind auf die Übertragung wesentlicher Teile des verwahrten Gesamtbestands entsprechend anzuwenden.“

In der Umsetzung soll § 46i KWG als Teil des ZuFinG wie folgt geändert werden:

„a) Absatz 1 wird wie folgt gefasst:
„(1) Das im Rahmen eines qualifizierten Kryptoverwahrgeschäfts für einen Kunden verwahrte kryptographische Instrument gilt als dem Kunden gehörig. Das gilt nicht, wenn der Kunde die Einwilligung zu Verfügungen über den verwahrten Wert für Rechnung des Instituts oder Dritter erteilt hat.“

b) In Absatz 2 wird das Wort „Kryptowerten“ durch die Wörter „kryptographischen Instrumenten“ ersetzt.

c) In Absatz 3 Satz 1 wird vor dem Wort „Kryptoverwahrgeschäft“ das Wort „qualifizierte“ eingefügt.“ [1]

 Wertung und Fazit 

Die evtl. Aussonderung bei Kryptoverwahrung in der Insolvenz des Verwahrers (Dienstleister, Intermediär) wird intensiv erörtert und kontrovers diskutiert. Der Finanzmarkplatz Deutschland braucht Sicherheit und verlässliche Regeln für die Tokenuser. Das greift der Gesetzgeber auf und baut eine gesetzliche Vermutung in §§ 26b und 46i KW ein. Zu hoffen bleibt, dass weitere Insolvenzen – wie von FTX u.a. – ausbleiben.

Wenn es zu einer Insolvenz kommt, ist der Tokenuser künftig besser geschützt, weil er ein sog. „Aussonderungsrecht“ erhält. Der Aussonderungsvorgang auf ein anderes Institut verursacht jedoch – auch im Wege der Übertragung nach § 46i Abs. 3 KWG-E – Kosten. Wer die wann zu tragen hat, hängt davon ab, auf welchen (neuen) Dienstleister die Werte übertragen werden sollen. Das dürfte in einem evtl. Insolvenzfall u.U. erhebliche Kosten verursachen, was die Masse schmälern und eine Quote kürzen könnte.

Im Ergebnis ist der Entwurf insgesamt zu begrüßen, weil er vorhandene Regelungslücken schließt. Positiv für den Marktplatz ist auch, dass die BaFin über das KMAG weitreichende Befugnisse erhält, etwa Kontroll- und Aufsichtsrechte. Weitere Gesetze und Regelungen in diesem dynamischen Feld sind zu erwarten.

[1] Vgl. S. 72 des Entwurfes.

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Krisenfolgen­abmilderungsgesetz

28. November 2022

Krise und Reaktionen des Gesetzgebers mit dem SanInsKG

Der bundesdeutsche Gesetzgeber hat erneut auf die aktuelle schwerwiegende Krise mit vorübergehenden Änderungen im Insolvenzrecht reagiert. Unternehmer in dramatischen Zeiten und kritischen Situationen sollen Möglichkeiten haben, mit einem Insolvenzantrag ggf. noch zuzuwarten und ggf. Krise selbst zu lösen.
Die wesentlichen Änderungen durch das sogenannte Sanierungs- und insolvenzrechtliche Krisenfolgenabmilderungsgesetz (SanInsKG) lauten:

  • Verlängerung der Insolvenzantragsfrist bei Überschuldung von derzeit sechs Wochen auf acht Wochen
  • Verkürzung des Prognosezeitraums für die insolvenzrechtliche Überschuldungsprüfung von zwölf Monaten auf vier Monate
  • Reduzierung des Planungshorizonts für den Zugang zur Eigenverwaltung und den (gerichtlichen/außergerichtlichen) Stabilisierungs- und Restrukturierungsverfahren nach dem StaRUG von sechs Monaten auf vier Monate

Wichtig ist der Hinweis, dass der Insolvenzeröffnungsgrund der Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO NICHT geändert wurde.

Das heißt: Die eingetretene Zahlungsunfähigkeit löst – weiterhin und unverändert – eine Insolvenzantragspflicht mit einer maximalen Bearbeitungs- und Handlungsfrist von drei Wochen aus.

Verlängerte Antragspflicht wegen Überschuldung

Unternehmen, die aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Entwicklung der vergangenen Monate oder Jahre ihr Eigenkapital aufgezehrt haben und daher bilanziell überschuldet sind, müssen nicht zwingend Insolvenzantrag stellen. Sie müssen es nicht, wenn sie eine „eine positive Fortführungsprognose“ haben. Dabei gilt ein Betrachtungszeitraum von – nur noch – vier Monaten, in dem die Fortführungsprognose positiv sein muss.

Ist sie negativ, darf der Unternehmer bzw. GF/Geschäftsleiter nun acht Wochen, also etwa die Hälfte des Prognosezeitraums, lang versuchen, seine „Performance zu verbessern“ und so die Fortführungsprognose auf „positiv“ zu stellen. Danach müsste der Unternehmer bzw. Geschäftsleiter aktiv werden und einen Insolvenzantrag stellen. Unterlässt er das, läuft er Gefahr, wegen „Insolvenzverschleppung“ in Haftung genommen zu werden.

Das neue Gesetz dürfte einigen Unternehmen helfen, u.a., wenn es um die baldige Rückzahlung von – lediglich kreditierten – COVID-Hilfsmitteln geht. Gleichwohl rechnet die Sanierungsbranche ab 2023 mit einem höheren Aufkommen an Insolvenzverfahren. Denn tatsächlich kommt es in der Praxis eher auf die Zahlungs(un)fähigkeit an. Sie war immer schon der bei weitem häufigste tatsächliche Grund und auch Auslöser für gestellte Insolvenzanträge.

In jedem Fall bleibt der Tipp an jeden Unternehmer, die Ertrags- und Liquiditätsplanung ständig aktuell zu halten. Zu raten ist, dass stets eine mindestens zwölfmonatige integrierte Ertrags- und Liquiditätsplanung besteht, was auch dokumentiert wird.

Die Übergangsregelung ist für den „Übergang“. Abzuwarten bleibt die nächste Änderung.

Ferner: Erleichterungen bei Eigenverwaltungsverfahren

Die Neuregelung zur Reduzierung des Planungshorizonts wirkt sich auch auf eigenverwaltende Sanierungsverfahren aus. Der Planungshorizont wird dort von sechs auf vier Monate reduziert. Damit ist der Zugang zu solchen Verfahren erleichtert, und zwar für Verfahren nach der Insolvenzordnung und nach dem StaRUG.

Hintergrund:

Eigenverwaltung und „Schutzschirmverfahren“ sind „echte“ Insolvenzverfahren mit der Option auf Insolvenzgeld der Arbeitnehmer für bis zu drei Monaten. Die Befreiung von den Personalkosten kann relevant für die Planung werden. Beim StaRUG-Verfahren gibt es begriffslogisch kein Insolvenzgeld.

Zusammenfassung und Ausblick

Das SanInsKG bietet Erleichterungen für Unternehmen in Schieflage. Die Energiepreis- und Absatzkrise wird aber auch dadurch nicht gelöst werden können. Es kommt weiter auf die Resilienz und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen an. Die Neuregelungen werden aber dem fähigen Unternehmer mit grds. funktionierendem Geschäftsmodell vorübergehend helfen können.

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