Kündigung wegen Äußerungen in einer Chatgruppe: Was Arbeitgeber und Beschäftigte wissen müssen

7. September 2023

 

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 24. August 2023 unter dem Aktenzeichen 2 AZR 17/23 eine wichtige Entscheidung zum Thema Kündigung wegen Äußerungen in einer Chatgruppe getroffen. Dabei ging es um einen Arbeitnehmer, der sich in einer privaten Chatgruppe mit sechs anderen Kollegen in stark beleidigender, rassistischer, sexistischer und zu Gewalt aufstachelnder Weise über Vorgesetzte und andere Kollegen geäußert hatte. Die Chatgruppe war von einem der Mitglieder gegründet worden, um sich über die Arbeitsbedingungen auszutauschen. Der Arbeitgeber erfuhr von den Äußerungen durch einen anonymen Hinweis und kündigte dem Arbeitnehmer fristlos.

Das Arbeitsgericht Hannover und das Landesarbeitsgericht Niedersachsen gaben der Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers statt. Sie meinten, dass die Äußerungen zwar grob verletzend und strafrechtlich relevant seien, aber nicht den Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdeten. Sie beriefen sich auf den Schutz der Vertraulichkeit in einer privaten Chatgruppe, die nur aus einem kleinen Kreis von Arbeitnehmern bestand, die sich gegenseitig kannten und vertrauten. Der gekündigte Arbeitnehmer hätte darauf vertrauen dürfen, dass die Äußerungen den Kreis der Mitglieder der Gruppe nicht verlassen würden.

Das Bundesarbeitsgericht hob diese Urteile auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurück. Es stellte klar, dass die Äußerungen des Arbeitnehmers an sich einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellten, da sie das Ansehen und den Betriebsfrieden des Arbeitgebers erheblich beeinträchtigten. Es wies darauf hin, dass die Vertraulichkeit in einer Chatgruppe nicht absolut sei, sondern von den Umständen des Einzelfalls abhänge. Es sei zu berücksichtigen, wie viele Personen an der Chatgruppe beteiligt seien, wie eng die Beziehung zwischen ihnen sei, wie sicher die Kommunikation vor dem Zugriff Dritter geschützt sei und wie schwerwiegend die Äußerungen seien. Erst nach einer Feststellung dieser Variablen und einer daran anschließenden Wertung könne festgestellt werden, ob im Einzelfall die Kündigung wirksam sei oder das Bestandsinteresse des Arbeitnehmers überwiege.

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts kann weitreichende Folgen für Arbeitgeber und Beschäftigte haben. Sie zeigt, dass auch vermeintlich private Äußerungen in einer Chatgruppe zu einer Kündigung führen können, wenn sie Grenzen überschreiten. Sie macht deutlich, dass die Vertraulichkeit in einer Chatgruppe kein Freibrief für Beleidigungen oder Hetze ist. Sie fordert von den Arbeitnehmern ein verantwortungsvolles Verhalten gegenüber ihren „Mitbeschäftigten“, gleich ob es sich um Vorgesetzte, Kollegen oder Mitarbeiter handelt, gleich, ob während der Arbeitszeit oder in der Freizeit. Sie ermutigt die Arbeitgeber, auf solche Vorfälle angemessen zu reagieren und ihre Mitarbeiter über die rechtlichen Konsequenzen aufzuklären. Allerdings darf diese Entscheidung nicht als Freibrief gewertet werden, um kritische Anmerkungen in sozialen Medien nachhaltig zu bekämpfen: Kritik – ggfs. auch polemisch geäußert – ist nicht verboten; auch ungerechtfertigte Kritik wird man als Arbeitgeber dulden müssen. Die Grenzen möglichst exakt zu definieren, wird Aufgabe der zukünftigen arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung sein.

 

Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben oder eine rechtliche Beratung im Arbeitsrecht benötigen, können Sie sich gerne an das erfahrene Arbeitsrechtsteam von ATN Rechtsanwälte wenden.

 

Für weitere Informationen und Neuigkeiten folgen Sie uns gerne bei LinkedIn!

BGH Urteil vom 29. Juni 2023: Erweiterte Haftung für Berater

8. August 2023

Der BGH hat mit Urteil vom 29.06.2023 – (IX ZR 56/22) an sein Urteil vom 26.01.2017 (IX ZR 285/14) angeknüpft. Nach dem Urteil 2017 kann eine Steuerberaterhaftung wegen Insolvenzver­schleppung greifen, wenn der StB auch (nur) mit der Erstellung eines Jahresabschlusses für eine GmbH beauftragt war (Rechtsprechungsänderung, DStR 2017, 942 NJW 2017, 1611¸ NZI 2017, 312 (m. Anm. Schädlich); BB 2017, 685 (m. Anm. Hüttemann)¸WM 2017 Heft 8, 383¸ NZG 2017, 468 ¸ZIP 2017, 427;  BeckRS 2017, 101939; LSK 2017, 101939 (Ls.))

 BGH, Urteil vom 29. Juni 2023 – IX ZR 56/22 – erweitert Haftung für Berater

Das Urteil des BGH vom 29.06.2023 – (IX ZR 56/22) geht darüber hinaus und zieht den faktischen GF in den Schutzbereich eines Beratungsvertrages. In den Entscheidungsgründen heißt es:

  1. Die Einbeziehung eines Dritten in den Schutzbereich des zwischen Rechtsberater und Mandant geschlossenen Mandatsvertrags ist nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil dem Berater im Verhältnis zum Mandanten nur eine Schutz- oder Fürsorgepflichtverletzung zur Last fällt.
  2. Die Hinweis- und Warnpflicht des Rechtsberaters bei möglichem Insolvenzgrund kann Drittschutz für den Geschäftsleiter der juristischen Person oder Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit entfalten; Voraussetzung ist ein Näheverhältnis zu der nach dem Mandatsvertrag geschuldeten Hauptleistung.
  3. In den Schutzbereich des Vertrags bei Verletzung der Hinweis- und Warnpflicht bei möglichem Insolvenzgrund kann auch ein faktischer Geschäftsleiter einbezogen sein.

BGH, Urteil vom 29. Juni 2023 – IX ZR 56/22 – OLG Köln LG Aachen

Mit diesem Urteil stellt der BGH die Schutzwirkung von Beratungsverträgen auf Dritte ausdrücklich fest, und zwar auch für diejenigen Fälle, in denen die „Beratung über Insolvenzgründe“ nicht als Hauptleistung vereinbart war. Dort ging es um einen (inzwischen insolventen) Rechtsanwalt, der die Geschäftsleiter einer GmbH & Co. KG nicht korrekt zu § 64 GmbH bzw. § 15a ff. InsO beraten hatte. Eingetragener GF der GmbH war J. M., der Sohn des „Seniors“ M. M, der Ex-GF aber – wohl immer noch – aktiv und daher faktischer GF war.

 Einbeziehung eines Dritten (faktischer GF) in den Schutzbereich des zwischen Rechtsberater und Mandant geschlossenen Mandatsvertrags

Der Vater M. M. und/oder der Sohn J. M. als GF der Komplementärgesellschaft hatten verschiedene Zahlungen der GmbH & Co. KG bei Insolvenzreife vorgenommen, für die der spätere Insolvenzverwalter beide erfolgreich in Anspruch genommen hatte. Zwar vergleich sich die Parteien am Ende auf eine Zahlung von € 85.000,00, die Vater und Sohn als „Gesamtschuldner“ auch erbrachten. Aber die beiden M. (Geschädigte) wollten diesen Betrag von dem Ex-Berater bzw. dem Haftpflichtversicherer des in Insolvenz gefallenen Rechtsanwalts erstattet haben. Die Kläger meinten, der Rechtsanwalt habe seine Beratungspflichten im Blick auf eine bestehende Insolvenzreife der KG verletzt; Sohn und Vater seien als formaler und faktischer Geschäftsführer in den Schutzbereich der mit der KG geschlossenen Mandatsverträge einbezogen gewesen. Damit drangen sie beim BGH durch.

Wenngleich die Einzelheiten des Ausgangsfalls nicht bekannt sind, bedeutet das Urteil vom 29.06.2023 eine massive Ausweitung der Beraterhaftung. Schon nach dem Urteil des BGH vom 26.01.2017 (IX ZR 285/14) kann der Steuerberater wegen Insolvenzver­schleppung haften, wenn der StB auch (nur) mit der Erstellung eines Jahresabschlusses für eine GmbH beauftragt war (Rechtsprechungsänderung). „Der mit der Erstellung eines Jahresabschlusses für eine GmbH beauftragte Steuerberater hat die Mandantin auf einen möglichen Insolvenzgrund und die daran anknüpfende Prüfungspflicht ihres Geschäftsführers hinzuweisen, wenn entsprechende Anhaltspunkte offenkundig sind und er annehmen muss, dass die mögliche Insolvenzreife der Mandantin nicht bewusst ist.

Hinweis- und Warnpflicht des Rechtsberaters bei möglichem Insolvenzgrund mit Drittschutz für GF und faktischen GF

Nunmehr erweitert der BGH die Schutzwirkung von Beratungsverträgen auf Dritte auch für diejenigen Fälle, in denen die „Beratung über Insolvenzgründe“ nicht als Hauptleistung vereinbart war. Auch wenn der BGH noch einige Einschränkungen macht (der Insolvenzgrund muss offenkundig sein oder „sich aufdrängen“) heißt es ab jetzt „erhöhte Obacht bei der Beratung mit Blick auf Randthemen und Annexfragen“. Mit der gestiegenen Haftungsgefahr werden sich Berater künftig enger befassen (müssen).

Aufrechnungslage trotz Begründung im Dreimonatszeitraum nicht zwingend inkongruent

26. April 2023

Die Herstellung einer Aufrechnungslage ist nicht allein deshalb inkongruent, weil die Aufrechnungsbefugnis in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet worden ist.

BGH, Urteil vom 8.12.2022 – IX ZR 175/21

RA Dr. d’Avoine kommentiert das BGH, Urteil vom 8.12.2022 – IX ZR 175/21 im Heft 6 der EWiR 2023, S. 179 f.

1. Sachverhalt

Der Kläger ist (Sonder-) Insolvenzverwalter über das Vermögen der P (=Schuldnerin). Die Schuldnerin erwarb von dem Beklagten als Insolvenzverwalter der „W“ deren Geschäftsbetrieb. Der Kaufpreis war urspr. am 19.02.2016 fällig. Am 23. Februar 2016 vereinbarten die Parteien, dass der Kaufpreis in Höhe von 1 Million Euro am 23. Februar und in Höhe der restlichen 5,7 Millionen Euro am 18. März 2016 fällig sein sollte; gezahlt wurde nur die erste Rate. Vom Unternehmenskauf ausgenommen war bei der W gelagerte Fertigware. Diese sollte (und wurde später ab dem 23.02.2016) von der Schuldnerin abverkauft. Als Gegenleistung war die Zahlung einer „Handling Fee“ von € 170.000,00 netto vereinbart. Auf den Antrag der Schuldnerin vom 15.03.2016 wurde das Insolvenzverfahren am 23.05.2016 eröffnet. Der Beklagte meldete den fehlenden Kaufpreis zur Insolvenztabelle an. Mit einer vom Kläger festgestellten Teilforderung von € 500.000,00 hat der Beklagte die Aufrechnung gegen die streitgegenständliche „Handling Fee“ erklärt. Der Kläger verlangt mit der Klage die Zahlung der „Handling Fee“. Das Landgericht hat die Klage aufgrund der Aufrechnung abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Aufrechnung für insolvenzrechtlich unwirksam gehalten und der Klage stattgegeben. Der Senat hebt das Berufungsurteil auf und verweist an das OLG zurück.

2. Ausführungen des BGH

Der BGH hält die Aufrechnung des Beklagten mit einem (erstrangigen) Teilbetrag der zur Tabelle festgestellten Kaufpreisforderung für die immateriellen Vermögensgegenstände in Höhe von 500.000 € für zulässig. Sie scheitere nicht an § 96 Abs. 1 Nr. 3, § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Es fehle an einer inkongruenten Sicherung oder Befriedigung. Eine die Aufrechnungsbefugnis begründende Verknüpfung zwischen Haupt- und Gegenforderung setzte nicht voraus, dass die Aufrechnung ausdrücklich vereinbart werde. Ausreichend sei eine vor der Herstellung der Aufrechnungslage vorgenommene Verknüpfung, welche die Annahme einer Aufrechnungsbefugnis nach dem zuerst entstandenen Rechtsverhältnis rechtfertigt. Würden in einem Vertrag wechselseitige Ansprüche begründet und ergebe sich aus den getroffenen Vereinbarungen nicht, dass eine Erfüllung durch Aufrechnung ausgeschlossen sein solle, bestehe die zur Annahme der Kongruenz notwendige Aufrechnungsbefugnis. Sowohl der streitgegenständliche Anspruch auf die „Handling Fee“ als auch die zur Aufrechnung gestellte Teilkaufpreisforderung aus dem geschlossenen Unternehmenskaufvertrag seien aus einem einheitlichen Vertragsverhältnis erwachsen. Dass die Aufrechnungsbefugnis in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet worden sei, führe nicht allein zu einer Inkongruenz der Herstellung einer Aufrechnungslage.

3. Analyse und praktische Konsequenzen:

Die Entscheidung schützt das Vertrauen der Vertragsparteien darin, sich grundsätzlich wegen der gegenseitigen Forderungen aus einem einheitlichen Vertrag durch Aufrechnung befriedigen zu können. Hier bestätigt der BGH seine Rechtsprechung zur Anfechtbarkeit der Aufrechnung im Dreimonatszeitraum zugunsten einer grundsätzlich anzunehmenden Kongruenz. Die in der Literatur teilweise vertretene Ansicht, dies sei nur zulässig, wenn der Aufrechnende einen Anspruch gerade auf den Abschluss der Vereinbarung habe, welche die Aufrechnungslage entstehen ließ, (so: MüKoInsO/Kayser/Freudenberg, 4. Aufl. 2019, InsO § 131 Rn. 17), lehnt der Senat ab. Dies ist zutreffend, da die Aufrechnung ein Erfüllungssurogat i.S.d. § 364 Abs. 1 BGB darstellt. Die von §§ 94 ff. InsO vorgesehene Möglichkeit, durch Aufrechnung zu erfüllen, macht die Aufrechnung nicht inkongruent, nur weil diese Möglichkeit nicht vertraglich bestimmt wurde. Die Erlangung einer kongruenten Aufrechnungslage hängt nicht davon ab, ob der Aufrechnende einen Anspruch gerade auf den Abschluss der die Aufrechnungslage entstehenden Vereinbarung hat. Bei der Differenzierung zwischen vertragstreuer Kongruenz und vom Gläubiger nicht zu beanspruchender und damit inkongruenter Deckung ist die Verknüpfung zwischen den beiden Rechtsverhältnissen (dem aufrechnenden und dem aufgerechneten) ausschlaggebend. Entstehen Haupt- und Gegenforderung aus einem einheitlichen Vertragsverhältnis ist grundsätzlich von der Entstehung einer vertragstreuen -und damit unverdächtigen- Aufrechnungslage auszugehen

Die Aufrechnung in der kritischen Zeit der §§ 130, 131 InsO verstößt auch nicht gegen den Schutz der Gläubigergesamtheit. Zwar nutzt der Aufrechnende einen Vorteil, der den übrigen Gläubigern nicht zusteht und befreit sich (ggf. nur teilweise) von einer Forderung, doch bestimmt bereits § 94 InsO, dass eine zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehende Aufrechnungslage durch das Verfahren im Grundsatz nicht berührt wird (so auch BGH a.a.O. Ziffer 12). Der Gesetzeszweck der §§ 94 ff. InsO würde nicht beachtet, wenn bereits das Entstehen der Aufrechnungslage eine Inkongruenz begründen und damit im Monat 1 vor dem Insolvenzantrag ohne weitere Voraussetzungen der Anfechtung unterliegen würde (§ 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Das führt der BGH aus und schützt letztlich das Vertrauen der Vertragsparteien in Aufrechnungspotentiale.

Quelle:
Kommentar zu BGH, Urteil vom 8.12.2022 – IX ZR 175/21 im Heft 6 der EWiR 2023, S. 179 f.

Für weitere Informationen und Neuigkeiten folgen Sie uns gerne bei LinkedIn!

Inflationsausgleichsprämie ist pfändbar

4. Januar 2023

AG Köln, Beschluss vom 09.12.2022

Das Amtsgericht – Insolvenzgericht – Köln hat sich mit Beschluss vom 09.12.2022 mit der Pfändbarkeit einer Inflationsausgleichsprämie befasst. Der Antrag eines Insolvenzschuldners auf Freigabe dieser Prämie wurde zurückgewiesen.

Inflationsausgleichsprämie

Ab dem 26. Oktober 2022 können Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ihren Beschäftigten steuer- und abgabenfrei einen Betrag bis zu € 3.000 gewähren. Hierbei handelt es sich um eine freiwillige Leistung der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber.
Nähere Infos unter: www.bundesregierung.de/breg-de/themen/entlastung-fuer-deutschland/inflationsausgleichspraemie

Antrag auf Freigabe

Dem betreffenden Insolvenzschuldner wurde von seinem Arbeitgeber ein Betrag in Höhe von € 1.500,00 als Inflationsausgleichsprämie auf seiner Lohnabrechnung ausgewiesen. Damit erhöhte sich der pfändbare Betrag im Auszahlungsmonat. Diesen führte der Arbeitgeber sodann ordnungsgemäß an die Masse ab. Den Antrag auf Freigabe begründete der Schuldner u.a. damit, dass Inflationsausgleichsprämien genauso unpfändbar seien, wie zuletzt die Corona-Prämien.
Hierbei wurde sich auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 25.08.2022 (Az. 8 AZR 14/2022) berufen, welches die Unpfändbarkeit von Corona-Prämien bejahte.

Entscheidung des Gerichts

Das Gericht wies den Antrag des Schuldners zurück. Als Begründung wurde angeführt, dass die Prämie freiwillig von Seiten des Arbeitgebers gezahlt werde und daher eher einer Gehaltserhöhung ähnele. Eine Vergleichbarkeit mit Corona-Prämien sei zudem nicht gegeben:

„Die Unpfändbarkeit der Corona-Prämie wurde durch verschiedene Gerichte bejaht. Dadurch sollten jedoch Erschwernisse während der Arbeit ausgeglichen werden, die durch Corona entstanden sind. Sie ist also vielmehr eine Erschwerniszulage.“

Die Inflationsausgleichsprämie hingegen weise keinen Bezug zur Arbeitsleistung auf, sondern mildere ausschließlich die Belastungen durch die Erhöhung der gestiegenen Lebenshaltungskosten ab. Gesetzliche Ausnahmen zur Pfändbarkeit von Inflationsausgleichsprämien bestünden überdies nicht.

Rechtsfolge

Die Inflationsausgleichsprämien ist hiernach wie Arbeitslohn in den Grenzen des § 850c ZPO grundsätzlich pfändbar. D.h. es gelten die Pfändungsfreigrenzen.

Hier geht es zum Beschluss: Zurückweisungsbeschluss Inflat.Prämie

Für weitere Informationen und Neuigkeiten folgen Sie uns gerne bei LinkedIn!

Gesetzesinitiativen und BMF-Schreiben vom 06.10.2022 zu Handlungsspielräumen der Finanzverwaltung als Folge des Ukrainekriegs

10. Oktober 2022

Fundamentale Krisen, vor allem Ukraine und Energie beschäftigen die gesamte Gesellschaft. Regierung und Verwaltung reagieren mit gezielten Maßnahmen und finanziellen Regelungen. Zur Zeit kann etwa zu den jüngsten rechtlichen und fiskalpolitischen Maßnahmen gesagt werden.

Entwurf einer Formulierungshilfe der Koalitionsfraktionen zur Umsetzung der insolvenzrechtlichen Vorgaben aus dem 3. Entlastungspaket
Das Bundeskabinett hatte am 05.10.2022 den von dem Bundesminister der Justiz Dr. Marco Buschmann vorgelegten Entwurf einer Formulierungshilfe der Koalitionsfraktionen zur Umsetzung der insolvenzrechtlichen Vorgaben aus dem 3. Entlastungspaket beschlossen.

https://www.bundesregierung.de/beschluss
Demnach sind div. vorübergehende Regelungen im Insolvenzrecht vorgesehen. U.a. soll der Prognosezeitraum für die Überschuldungsprüfung verkürzt werden. Bei der Insolvenzantragspflicht wegen Überschuldung nach § 15a InsO soll der Prognosezeitraum für die sogenannte „insolvenzrechtliche Fortführungsprognose“ von zwölf auf vier Monate herabgesetzt werden. Die Regelung soll bis zum 31. Dezember 2023 gelten. Das Kabinett betont, dass bereits ab dem 1. September 2023 der ursprüngliche Prognosezeitraum von 12 Monaten wieder relevant werden kann, wenn absehbar ist, dass auf Grundlage der ab dem 1. Januar 2024 wieder auf einen 12-monatigen Zeitraum zu beziehenden Prognose eine Überschuldung bestehen wird. Die Insolvenzantragspflicht wegen Zahlungsunfähigkeit bleibt von der Regelung unberührt. Ferner sollen auch die Planungszeiträume für Eigenverwaltungs- und Restrukturierungsplanungen von sechs auf vier Monate verkürzt werden.

BMF-Schreiben vom 06.10.2022 zu Handlungsspielräumen der Finanzverwaltung als Folge des Ukrainekriegs, IV A 3 – S 0336/22/10004 :001
Auch die Finanzverwaltung will die gestiegenen Energiekosten als Folge des Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine berücksichtigen. Mit Schreiben vom 06.10.2022 beschreibt das BMF Handlungsspielräume der Finanzverwaltung als Folge des Ukrainekriegs.
https://www.bundesfinanzministerium.de/Abgabenordnung/2022-10-05/-ukraine-finanzaemter-handlungsspielraum

Es heißt zusammenfassend:

„Das Bundesministerium der Finanzen hat im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder ein BMF-Schreiben erlassen, nach dem die Finanzämter die ihnen gesetzlich zur Verfügung stehenden Handlungsspielräume im Interesse der erheblich betroffenen Steuerpflichtigen nutzen sollen. Ohne strenge Nachweispflichten sollen im Einzelfall auf Antrag fällige Steuern gestundet, Vorauszahlungen zur Einkommen- oder Körperschaftsteuer angepasst werden sowie Vollstreckungsaufschub gewährt werden.“

Das Schreiben führt dann im Einzelnen aus:

„Der völkerrechtswidrige Überfall Russlands auf die Ukraine stellt eine Zäsur dar. Die daraufhin erfolgten Sanktionen der EU waren und sind notwendig. Die Folgewirkungen des Krieges und der Sanktionen sind auch für die Bevölkerung und Unternehmen in Deutschland schwerwiegend.
Die Finanzämter werden diese besondere Situation bei nicht unerheblich negativ wirtschaftlich betroffenen Steuerpflichtigen angemessen berücksichtigen. Den Finanzämtern stehen im Rahmen der allgemeinen rechtlichen Vorgaben neben der Herabsetzung von Vorauszahlungen zur Einkommen- oder Körperschaftsteuer eine Reihe von Billigkeitsmaßnahmen zur Verfügung, um sachgerechte Entscheidungen treffen zu können. Genannt seien hier insbesondere die Stundung oder die einstweilige Einstellung oder Beschränkung der Vollstreckung (Vollstreckungsaufschub).
Nach Erörterung mit den obersten Finanzbehörden von Bund und Ländern gilt hierzu Folgendes:
In jedem Einzelfall ist unter Würdigung der entscheidungserheblichen Tatsachen nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, inwieweit ggf. die Voraussetzungen für eine steuerliche Billigkeitsmaßnahme vorliegen. Die Finanzämter schöpfen den ihnen hierbei zur Verfügung stehenden Ermessensspielraum verantwortungsvoll aus.
Bei der Nachprüfung der Voraussetzungen sind bei bis zum 31. März 2023 eingehenden Anträgen keine strengen Anforderungen zu stellen. Über Anträge auf Billigkeitsmaßnahmen oder Anpassung der Vorauszahlungen unter Einbeziehung der aktuellen Situation soll zeitnah entschieden werden. Auch eine rückwirkende Herabsetzung von Vorauszahlungen für das Jahr 2022 ist im Rahmen der Ermessensentscheidung möglich.
Auf die Erhebung von Stundungszinsen kann im Einzelfall aus Billigkeitsgründen verzichtet werden. Voraussetzung hierfür ist u. a., dass der Steuerpflichtige seinen steuerlichen Pflichten, insbesondere seinen Zahlungspflichten, bisher pünktlich nachgekommen ist und er in der
Vergangenheit nicht wiederholt Stundungen und Vollstreckungsaufschübe in Anspruch genommen hat, wobei Billigkeitsmaßnahmen aufgrund der Corona-Krise nicht zu Lasten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden. In diesen Fällen kommt ein Verzicht auf Stundungszinsen in der Regel in Betracht, wenn die Billigkeitsmaßnahme für einen Zeitraum von nichtmehr als drei Monaten gewährt wird.
Des Weiteren gelten die verlängerten Steuererklärungsfristen für die Veranlagungszeiträume 2020 bis 2024 (Artikel 97 § 36 Absatz 3 EGAO).“

Fazit:

Es wird also im Einzelfall darauf ankommen, was und wie die Steuerpflichtigen ihr Anliegen beim jeweils zuständigen Finanzamt anbringen und ggf. erörtern können, damit letzteres „diese besondere Situation … angemessen berücksichtigen kann“. Den Finanzämtern stehen durchaus „Billigkeitsmaßnahmen“ zur Verfügung. Wie im konkreten Fall „sachgerechte Entscheidungen“ vom FA getroffen werden können, ist im Zweifel im Dialog zu klären.

Für weitere Informationen und Neuigkeiten folgen Sie uns gerne bei LinkedIn!

Onlinegründung von GmbHs in Deutschland

9. August 2022

Deutschland tut sich bekanntermaßen mit Digitalisierungsthemen schwer. Insbesondere im internationalen Vergleich fällt auf, dass Deutschland beim Einsatz digitaler Möglichkeiten und Verfahren ein bis mehrere Schritte hinterher hinkt.
Bemerkenswert ist allerdings in diesem Zusammenhang, dass es in Deutschland seit dem 01.08.2022 möglich ist, verschiedene Beurkundungs- und Beglaubigungsverfahren, insbesondere die Gründung einer GmbH, online durchzuführen.
Hintergrund ist ein Europäischer Richtlinienentwurf aus dem Jahre 2018 für den „Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht“, der vor allem die Einführung einer „Online-Gründung“ von Kapitalgesellschaften beabsichtigte. Die Umsetzung dieser Richtlinie in deutsches Recht ist nunmehr erfolgt.
Im Kern finden sich die Regelungen in den § 16 a) bis 16 e) Beurkundungsgesetz wieder (sowie in verschiedenen Vorschriften der BNotO), die insoweit vollständig neu eingeführt worden sind.

Hardware- und Softwareanforderungen sowie erforderliche Identitätsnachweise

Erwartungsgemäß will der Gesetzgeber das Onlineverfahren den beteiligten Parteien insbesondere hinsichtlich deren Identifizierung und Nachweis der Vertretungsberechtigung nicht allzu einfach machen.
Um überhaupt erst in der Lage zu sein, das Onlineverfahren durchzuführen, müssen die Parteien die notwendigen Hard- und Softwareanforderungen erfüllen und in Besitz der erforderlichen Identitätsnachweise sein. Dies sind im Detail:

  • Computer mit Kamera, Mikrofon und ausreichender Internetverbindung
  • Smartphone mit NFC-Schnittstelle
  • Notar-App (online zum Download im Android oder Apple Store)
  • Für Deutsche Staatsangehörige: Personalausweis mit eID und Reisepass
  • Für Unionsbürger: Nationaler Personalausweis und Reisepass (wobei hier eine noch ein Länderbeschränkung besteht. Für das Online-Verfahren sind derzeit bereits die eIDs auf den Identity Cards aus Estland, Litauen, Luxemburg, Portugal, der Slowakei, Spanien und Tschechien freigeschaltet. Die eIDs auf den Identity Cards aus Belgien, Italien, Kroatien, Lettland und den Niederlanden kommen in Kürze hinzu.)
  • Oder Unionsbürgerkarte mit PIN und Reisepass.

Im Detail: Zugelassene Identifizierungsmittel

Zugelassen als Identifizierungsmittel sind nach § 16 c) Nr. 1 Beurkundungsgesetz deutsche Personalausweise/Aufenthaltstitel mit eID Funktion oder nach § 16 c) Nr. 2 BeurkG ein elektronisches Identifizierungsmittel, das von einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder Vertragsstaat des EWR ausgestellt wurde, sofern dieses eIDAS-zertifiziert und anerkannt ist sowie das Vertrauensniveau „hoch“ aufweisen.
Eine Besonderheit ist in diesem Zusammenhang die 2021 eingeführte Unionsbürgerkarte, die jeder Unionsbürger in seiner Gemeinde bequem online beantragen kann, Diese enthält die eID Funktion und kann somit unabhängig von der Länderbeschränkung – gemeinsam mit dem Reisepass – zur Identifikation genutzt werden.

Der Ablauf der Beurkundung / Beglaubigung

Der Ablauf der Online-Beurkundung ist dann wie folgt:

  • Der Notar eröffnet mittels der Notar App eine Videokonferenz mit den beteiligten Parteien.
  • Die im Ausweis gespeicherten Namen, Geburtsdatum sowie das Lichtbild wird mittels der Notar-App über die NFC-Schnittstelle aus dem Ausweis ausgelesen und an den betreffenden Notar übermittelt. Nach Übertragung der EID Daten an den Notar überprüft dieser im Rahmen einer bestehenden Videoverbindung die optische Übereinstimmung der beteiligten Personen mit den übertragenen EID Daten und den Personalausweisdaten. Es erfolgt damit praktische eine doppelte Identitätsprüfung.
  • Sodann wird anstatt einer Papierniederschrift eine elektronische Niederschrift errichtet, in der festgehalten wird, dass die Verhandlung mittels Videokommunikation durchgeführt worden ist.
  • Wie in der Präsenzsitzung wird die elektronische Niederschrift vom Notar verlesen, den Parteien zur Durchsicht übermittelt und schließlich von diesen mittels qualifizierter elektronischer Signatur (wie auch vom Notar – ebenfalls per qualifizierter elektronischer Signatur – ) unterzeichnet.

Welche Einschränkungen gibt es?

Einige Einschränkungen zur Präsenzbeurkundung müssen allerdings beachtet werden:

  • Nur Bargründung
    Derzeit ist die Beurkundung nur für den Fall der Bargründung einer GmbH möglich. Die Online-Sachgründung soll ab dem 01.08.2023 möglich werden.
  • Amtsbereichsbeschränkung
    Darüber hinaus gilt bei Onlinebeurkundungen eine besondere Amtsbereichsbeschränkung für den Notar. Dieser darf Onlinebeurkunden nur durchführen, wenn sich der Sitz der betroffenen juristischen Person, Hauptniederlassung oder Wohnsitz des betroffenen Einzelkaufmanns, bei ausländischen juristischen Personen der Sitz oder die Geschäftsanschrift der betroffenen Zweigniederlassung oder Wohnsitz oder Sitz eines organschaftlichen Vertreters der betroffenen juristischen Person in seinem Amtsbereich befinden.
    Damit ist eine Onlinegründung nicht wahlweise bundesweit möglich, sondern streng amtsbereichsbezogen.
  • Beurkundungen und Beglaubigungen
    Derzeit kann neben der Bargündung von GmbHs (und UGs mit beschränkter Haftung) auch eine Beurkundung von Gründungsvollmachten erfolgen sowie die Beglaubigung sämtlicher Anmeldungen zum Handels-; Partnerschafts- und Genossenschaftsregister.

Zukünftige Erweiterungen und Ausblick

Ab dem 01.08.2023 wird, wie bereits erwähnt, auch die Sachgründung von GmbHs möglich sein sowie die Beurkundung einstimmig gefasster Gesellschafterbeschlüsse über Satzungsänderungen, Übernahmeerklärungen bei Stammkapitalerhöhungen und die Beglaubigung sämtlicher Anmeldungen zum Vereinsregister.
Die nunmehr in Kraft getretenen Neuregelungen versprechen daher, im Bereich der Beurkundungsvorgänge, insbesondere für die Bargründung von GmbHs deren Gesellschafter/Geschäftsführer sich im Ausland befinden, eine erhebliche Erleichterung darzustellen.
Der Gesetzgeber hat damit einen großen Schritt auf dem steinigen Weg der Digitalisierung gemacht. Es ist zwar zu vermuten, dass die Form der Onlinebeurkundungen zunächst nur schleppend angenommen werden wird. Allerdings darf davon ausgegangen werden, dass schon in wenigen Jahren der Großteil der hier genannten beurkundungspflichtigen Verfahren online erfolgen wird.

Für weitere Informationen und Neuigkeiten folgen Sie uns gerne bei LinkedIn!

Die Unternehmensplanung in Krisenzeiten

8. Juli 2022

Die Covid-19 Pandemie, die Halbleiterkrise und der Ukraine-Krieg haben in den vergangenen Monaten die deutsche Wirtschaft erheblich belastet. Die Auswirkungen in Form von Rohstoffknappheit, Lieferkettenproblemen, gestiegenen Material- und Personalkosten und insbesondere massiv gestiegenen Energiekosten sind markant. Einzelne Branchen, z.B. der Anlagenbau oder die Automobilzulieferer, standen bereits vor Corona unter erheblichem wirtschaftlichem Druck. Die Situation für die Unternehmen hat sich jedoch erheblich verschärft. Die derzeitige Gaskrise ist für viele Unternehmen nun existenzbedrohend und eine Verbesserung der Lage ist nicht in Sicht.

Unternehmensplanung im Rahmen der Krisenfrüherkennung

Die Geschäftsführer einer juristischen Person sind nach § 1 Abs. 1 S. 1 StaRUG dazu verpflichtet, fortlaufend über Entwicklungen zu wachen, welche den Fortbestand des Unternehmens gefährden können. Die Insolvenzgründe der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung sind somit zu überwachen. Dazu gehört im Rahmen der Krisenfrüherkennung insbesondere die Erstellung einer Unternehmensplanung.
Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass das bloße Fortschreiben der Unternehmensplanung mit historischen Werten nicht mehr zu belastbaren Ergebnissen führt. Ein Blick in die Zukunft ist für die Geschäftsführer jedoch mit Unwägbarkeiten behaftet. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Prognosezeitraum für die Ermittlung einer (nur) drohenden Zahlungsunfähigkeit in aller Regel 24 Monate beträgt. Eine belastbare Aussage über die weiteren Krisenverläufe zu treffen ist selbst auf Wochenbasis aktuell schon nahezu unmöglich. Wie kann dann eine belastbare Planung für die nächsten 24 Monate erstellt werden?

Rollierende Planung als Grundlage

Grundsätzlich sollte auf Grundlage einer vollständigen kurzfristigen operativen und langfristigen strategischen Unternehmensplanung (inkl. Absatz-, Produktions- und Investitionsplanung) eine laufend zu aktualisierende Liquiditätsplanung mit einem Planungszeitraum von 24 Monaten erstellt werden. Die Liquiditätsplanung muss mindestens die aktuell verfügbaren liquiden Mittel (Bankenbestand, KK-Linie, Kassenbestand), die Ein- und Auszahlungen anhand der OP-Debitoren und OP-Kreditoren unter Einbeziehung der entsprechenden Fälligkeiten, die Auftragsliste bzw. Businessplan mit entsprechenden Zahlungszielen, wiederkehrende Auszahlungen für Dauerschuldverhältnisse, Steuerverbindlichkeiten, Personalkosten, Sozialversicherungen, notwendige Investitionen sowie sonstige anfallende Ein- und Auszahlungen berücksichtigen. In der Folge sind vor dem Hintergrund des „Ausgleichgesetzes der Planung“ sowohl positive als auch negative Abweichungen in den Planungen regelmäßig zu prüfen, zu bewerten und schließlich in der rollierenden Planung ggf. auf allen Stufen angepasst abzubilden (Soll-Ist-Vergleich).

Szenario-Analyse zur Darstellung von Unwägbarkeiten

Das Prinzip Hoffnung als Planungsgrundlage ist in Krisenzeiten nicht ausreichend. Aufgrund der unsicheren Krisenlage, sollten Geschäftsführer daher den Fokus auf die strategische Szenario-Analyse legen. Hierbei werden mögliche Entwicklungen, erkannte Risiken und deren potentielle Auswirkungen auf das Unternehmen in Extremszenarien (Best-Case/Worst-Case) sowie ein wahrscheinliches Szenario (Trendszenario) definiert, um „Überraschungen“ möglichst zu vermeiden. Das bedeutet für Geschäftsleiter zwar einen erheblichen Aufwand, liefert aber zugleich einen guten Überblick auf mögliche Entwicklungen in der Zukunft. Die Unternehmensstrategie kann somit frühzeitig überprüft und ggf. angepasst werden.

Fazit

Im Ergebnis müssen Geschäftsleiter aktuell genauer denn je potentielle unternehmensinterne und externe Krisensignale im Blick haben. Werden derartige Krisensignale identifiziert, müssen deren Risiken und möglichen Folgen für das Unternehmen bewertet bzw. definiert werden. Insbesondere steigende Energiekosten, Nachfragerückgänge, Lieferprobleme seitens der Lieferanten, Kürzung von Zahlungszielen oder Forderungsausfälle müssen unmittelbar hinterfragt und in der Planung berücksichtigt werden. Wichtig ist, dass sämtliche Entscheidungs- und Planungsgrundlagen nachvollziehbar dargelegt und dokumentiert werden, um ein Haftungsrisiko im Fall einer Fehleinschätzung möglichst zu vermeiden.

Für weitere Informationen und Neuigkeiten folgen Sie uns gerne bei LinkedIn!

Wichtige Änderungen im Arbeitsrecht!

6. Juli 2022

Sind Ihre Arbeitsverträge für den 01.08.2022 gerüstet?

Fast unbemerkt schleicht sich die Umsetzung der EU-Arbeitsbedingungenrichtlinie (2019/1152/EU (ABRL)) durch den Deutschen Gesetzgeber heran. Nämlich voraussichtlich bereits zum 01.08.2022.

Welche Konsequenzen hat dies für bestehende und neue Arbeitsverträge?

Folgen für das Nachweisgesetz

Umfangreiche Änderungen finden sich im Nachweisgesetz (NachwG). Bisher sind die Pflichten aus dem Nachweisgesetz stiefmütterlich behandelt worden. Das hat einen guten Grund. Zwar führt das Gesetz einen umfangreichen Katalog an schriftlich niederzulegenden Arbeitsbedingungen auf, gleichzeitig regelt es aber auch, dass diese Pflicht hinfällig wird, wenn ein schriftlicher Arbeitsvertrag ausgehändigt worden ist, in dem die in dem Katalog genannten Bedingungen enthalten sind. Dies dürfte aber in der allergrößten Mehrheit der Arbeitsverhältnisse der Fall sein, handelt es sich doch um die Punkte

  1. den Namen und die Anschrift der Vertragsparteien,
  2. den Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses,
  3. bei befristeten Arbeitsverhältnissen: die vorhersehbare Dauer des Arbeitsverhältnisses,
  4. den Arbeitsort oder, falls der Arbeitnehmer nicht nur an einem bestimmten Arbeitsort tätig sein soll, ein Hinweis darauf, dass der Arbeitnehmer an verschiedenen Orten beschäftigt werden kann,
  5. eine kurze Charakterisierung oder Beschreibung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit,
  6. die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts und deren Fälligkeit,
  7. die vereinbarte Arbeitszeit,
  8. die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs,
  9. die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses,
  10. ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen, die auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sind.

Diese Angaben sind in der Regel ohnehin im Arbeitsvertrag enthalten. Das Nachweisgesetz war praktisch ein zahnloser Tiger. Der Gesetzgeber hat ihm jedoch ein neues Gebiss eingesetzt.

Ein neues Gebiss für das Nachweisgesetz

Zunächst ist der Katalog umfangreich erweitert worden, was in einigen Fällen keine wesentlichen Auswirkungen hat, weil auch die Katalogerweiterung Arbeitsbedingungen betrifft, wie sie in der Regel ohnehin in Arbeitsverträgen enthalten sind:

  • Bei befristeten Arbeitsverhältnissen das Enddatum (ohnehin erforderlich)
  • Eine etwa vereinbarte freie Wählbarkeit des Arbeitsortes
  • Die vereinbarte Dauer einer Probezeit
  • Alle weiteren Bestandteile des Arbeitsentgeltes wie etwa Überstundenvergütung sowie die Art der Auszahlung der Vergütung
  • Ruhepausen, Schichtrhythmus, Schichtsystem, Voraussetzungen für Schichtänderungen
  • Detaillierte Regelungen zur Arbeit auf Abruf
  • Voraussetzungen zur Anordnung von Überstunden (soweit vereinbart)
  • Etwaiger Anspruch auf Fortbildung (soweit vereinbart)
  • Detaillierte Informationen über eine etwaig vereinbarte betriebliche Altersversicherung
  • Ein „in allgemeiner Form gehaltener Hinweis“ auf Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen, paritätisch besetzte Kommissionen, kirchliches Arbeitsrecht.

Allerdings gibt es im Bereich des NachwG auch ein paar kritische Änderungen, die Arbeitgebern erhebliche Bauchschmerzen verursachen dürften.

Information über das Kündigungsverfahren und Fristen

Nach der neuen Ziffer 14. des Katalogs ist

„das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage“

anzugeben.

Was aber zählt zum „einzuhaltenden Verfahren“ bei Kündigungen? Die Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes sehen etwa auch in bestimmten Fällen eine nachträgliche Klagezulassung bei Versäumen der Frist vor. Ist ein Kurzkommentar des Kündigungsschutzgesetzes erforderlich?

Die vermeintliche Hilfe des Gesetzgebers, der sich mit drei Mindestangaben begnügen möchte, erweist sich als zweischneidige Klinge, denn diese Einschränkung findet sich in der Europäischen Richtlinie nicht. Ein Arbeitgeber, der sich auf die Mindestangaben verlässt könnte daher bald von einem Gericht belehrt werden, dass die richtlinienkonforme Auslegung des Gesetzes eine Beschränkung der Verfahrensangaben nicht zulässt-

Einen Ausweg aus diesem Dilemma bietet der Gesetzgeber womöglich in § 2 Abs. 4 S. 2 des neuen NachwG. Hier ist vorgesehen, dass in den Fällen, in denen das gesetzliche Kündigungsverfahren gilt, auf die gesetzliche Regelung verwiesen werden kann. Insofern dürfte es möglich (aber mindestens auch erforderlich) sein, die üblichen Klauseln im Arbeitsvertrag zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses beispielsweise wie folgt zu ergänzen:

„Sofern in diesem Vertrag nicht anders vereinbart, richtet sich das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnis von den Vertragsparteien einzuhaltende Verfahren, insbesondere Schriftform und Fristen für die Kündigung, sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage nach den gesetzlichen Regelungen. Hierzu gehören das Kündigungsschutzgesetz und – sofern anwendbar – das Betriebsverfassungsgesetz. Besonderheiten zum bei Kündigungen einzuhaltenden Verfahren können sich auch aus den auf dieses Arbeitsverhältnis anzuwendenden Tarifvertragsvorschriften oder Betriebs- oder Dienstvereinbarungen ergeben.“

Neue Fristen im Nachweisgesetz

Anders als bisher wird es vier Fristen geben, zu denen der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die erforderlichen Informationen über die Arbeitsbedingungen mitteilen muss:

  • Name, Anschrift (Nr.1), Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgeltes (Nr.7) und vereinbarte Arbeitszeit (Nr.8) müssen spätestens am Tag der Arbeitsaufnahme schriftlich vorliegen
  • Zeitpunkt des Beginns (Nr.2), Dauer der Probezeit (Nr.6), Vereinbarungen zur Arbeit auf Abruf (Nr.9) und Möglichkeit zur Anordnung von Überstunden (Nr. 10) müssen spätestens am siebten Kalendertag nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses schriftlich fixiert werden
  • Die übrigen Punkte aus dem Katalog müssen spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn in schriftlicher Form ausgehändigt werden.
  • Sofern sich wesentliche Vertragsbedingungen ändern, müssen sie spätestens an dem Tag, an dem sie wirksam werden, schriftlich mitgeteilt werden.

Betrifft das auch bestehende Arbeitsverträge?

Bestehende Arbeitsverträge sind von dieser Neuregelung insoweit betroffen, als dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verlangen können, dass eine Niederschrift hinsichtlich der hier im Gesetz genannten Arbeitsbedingungen ausgehändigt wird. Der Arbeitgeber hat hierfür 7 Tage (für die Katalognummern 1-10), bzw. einen Monat (für die übrigen Katalognummern) Zeit.

Werden Verstöße sanktioniert?

Sofern der Arbeitgeber die Informationen „nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig“ aushändigt, begeht er eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße von bis zu 2.000,00 EUR geahndet werden kann.

Welche Gesetze sind noch von den Änderungen betroffen?

Nicht so umfangreiche, aber dennoch spürbare Änderungen finden sich im Teilzeit- und Befristungsgesetz wie auch im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz.

Das Teilzeit- und Befristungsgesetz

In ersterem findet sich nunmehr die Pflicht des Arbeitgebers, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zugang des Wunsches eines Arbeitnehmers, Zeit und Lage seiner Arbeit zu verändern, eine begründete Antwort in Textform mitzuteilen. Der Arbeitgeber wird hier besonders vorsichtig formulieren müssen, um etwaige Nebenwirkungen zu vermeiden.

Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz

Im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz wird nunmehr ein Übernahmegesuch des Arbeitnehmers statuiert. Wenn der Entleiher einen Leiharbeitnehmer seit mindestens sechs Monaten beschäftigt und dieser in Textform den Wunsch auf Abschluss eines Arbeitsverhältnisses angezeigt hat, muss der Entleiher innerhalb eines Monats eine begründete Antwort in Textform mitteilen.

Schlussfolgerungen

Das Nachweisgesetz verlässt auf Umwegen sein Schattendasein. Die Neuregelungen insbesondere im Bereich über die Informationspflichten zum Kündigungsverfahren werfen erhebliche Fragen auf, die die Gerichte vermutlich erst in der Praxis lösen werden.

Zu guter Letzt gibt uns der direkte Vergleich der Richtlinie mit der geplanten Umsetzung einen Einblick in die mangelnde Digitalisierungsfreude des deutschen Gesetzgebers. Während die Richtlinie in Ziffer 24 vorsieht, dass Informationen „im Hinblick auf den verstärkten Einsatz von elektronischen Kommunikationsmitteln“ auch auf elektronischem Wege übermittelt werden können, fehlt eine solche Regelung in der Umsetzung durch den deutschen Gesetzgeber vollständig. Im Gegenteil. § 2 des NachwG schließt den Nachweis der wesentlichen Arbeitsbedingungen in elektronischer Form sogar ausdrücklich aus. Das hat nicht nur ein faktisches Schriftlichkeitsgebot des Arbeitsvertrages zur Folge, es stellt auch einen (weiteren und unnötigen) Stolperstein in der digitalen Transformation des Arbeitsrechts dar.

Für weitere Informationen und Neuigkeiten folgen Sie uns gerne bei LinkedIn!

Betriebsschließung: Was können Arbeitnehmer und Betriebsrat tun?

30. Mai 2022

Die Transformation von Industriestandorten schreitet in Deutschland immer schneller voran. Insbesondere Rheinland/Ruhrgebiet sind in erheblichem Maße betroffen. Jetzt steht es fest. Auch der Vallourec Konzern wird seine Werke in Düsseldorf Rath und Mülheim schließen, sofern nicht noch der politische Druck zu einem Umdenken führt. Ein Stück Industriegeschichte geht damit zu Ende. Viel wichtiger aber ist, dass rund 2.400 Beschäftigte vor Ihrem beruflichen Aus stehen.

Was passiert nach dieser Entscheidung? Wie sind die Prozesse? Welche Möglichkeiten haben Arbeitnehmer:innenvertreter und Arbeitnehmer:innen jetzt noch?

1. Interessenausgleich und Sozialplan

Der Arbeitgeber hat jetzt schon angekündigt, mit dem Betriebsrat Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan zu verhandeln. Aber was bedeutet das konkret für die Arbeitnehmer?

a. Was ist ein Interessenausgleich?
Ein Interessenausgleich wird zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat geschlossen. Er beschreibt genau, welche betrieblichen Maßnahmen und Betriebsänderungen der Arbeitgeber beabsichtigt, über welchen Zeitraum sie gehen sollen. Inhalt des Interessenausgleichs ist, ob, wann und in welcher Form eine geplante Betriebsänderung durchgeführt wird. Der Betriebsrat wird hierbei versuchen, die geplante Betriebsänderung so weit wie möglich abzumildern oder (in Teilen) zu verhindern.

b. Was ist eine Namensliste?
Im Interessenausgleich wird auch beschrieben, welche Beschäftigte von der betrieblichen Maßnahme betroffen sind. Die Namen dieser Beschäftigten werden als Anhang zum Interessenausgleich beigefügt (Namensliste). Wenn Beschäftigte, die auf der Namensliste aufgrund der Betriebsänderung gekündigt werden, können sie sich in einem Kündigungsschutzprozess nicht mehr ohne weiteres darauf berufen, dass keine betrieblich zwingende Gründe für die Kündigung vorliegen, dies wird nämlich aufgrund der Namensliste vermutet. Die Namensliste als solches kann auch nur noch daraufhin überprüft werden, ob sie schwere Fehler hat und jede Ausgewogenheit vermissen lässt (grobe Fehlerhaftigkeit).

c. Was ist ein Sozialplan?
Im Sozialplan wird zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber vereinbart, wie die sozialen Folgen, die durch die Betriebsänderung entstehen, ausgeglichen werden. Meistens werden hier Abfindungen nach bestimmten Berechnungsformeln geregelt, Übergangszeiträume, Regelungen zu Transfergesellschaften (siehe unten), zur finanziellen Ausstattung des Sozialplans (Sozialplanvolumen), zu der Möglichkeit eines vorzeitigen Ausscheidens, zu Übergangszeiträumen, Aufhebungsvereinbarungen und vieles mehr. Der Sozialplan soll damit den harten Einschnitt, den die Betriebsänderung für die Beschäftigten darstellt, möglichst abmildern.

d. Was ist eine Transfergesellschaft?
Häufig wird bei (Teil-) Betriebsschließungen vereinbart, dass der Arbeitgeber eine sogenannte Transfergesellschaft (oder auch Beschäftigungsgesellschaft) finanziert. In diese Transfergesellschaft werden die Arbeitsverhältnisse der betroffenen Beschäftigten übertragen. Je nach Aufstockung durch den Arbeitgeber beträgt die Vergütung der Arbeitnehmer bis zu 100% der bisherigen Vergütung, es ist aber nicht unüblich, dass die Vergütung darunter liegt. Ein Vorteil einer Beschäftigung in einer Transfergesellschaft kann es sein, dass die Beschäftigten hierdurch die Zeit bekommen eine geeignete Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf dem Arbeitsmarkt zu suchen. Dies wird durch verschiedene Angebote der Transfergesellschaft gefördert (etwa Bewerbungstrainings und Coachings, etc.).

2. Sozialtarifvertrag

Häufig, auch im Falle Vallourec, ist von einem Sozialtarifvertrag die Rede. In welchem Zusammenhang steht ein solcher Tarifvertrag mit dem Sozialplan?

a. Was ist ein Sozialtarifvertrag?
Sofern eine Gewerkschaft in einem Betrieb organisiert ist, kann diese versuchen, Regelungen, die auch in einem Sozialplan verhandelt werden im Rahmen eines Sozialtarifvertrages mit dem Arbeitgeber zu vereinbaren. Die Hoffnung ist hierbei, dass die Gewerkschaft durch die ihr zur Verfügung stehenden Arbeitskampfmittel bessere Bedingungen zur Abmilderung der Folgen der Betriebsänderung erreichen kann.

b. Überschneidet sich ein Sozialtarifvertrag mit einem Sozialplan?
Grundsätzlich gilt der Sozialtarifvertrag nur zwischen den Tarifvertragsparteien und ihren Mitgliedern. Es ist zwar unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen, dass sich der Arbeitgeber daher auf den Standpunkt stellt, dass die Regelungen des Sozialtarifvertrags sich nur auf die gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten bezieht.

Daher wird der Betriebsrat darauf bestehen, jedenfalls auch einen Sozialplan zu vereinbaren, der zugunsten aller Beschäftigten gilt. Hier ergeben sich aber regelmäßig Probleme bei der Bemessung des Sozialplanvolumens, denn der Arbeitgeber wird nicht bereit sein, über den Sozialtarifvertrag hinaus Sozialplanabfindungen zu zahlen. Es wird erforderlich sein, dass die Betriebsparteien hier geschickt Anrechnungs- und Ausgleichslösungen finden.

3. Kündigungen und Kündigungsschutzklagen

Die Folge von Betriebsschließungen ist die Beendigung der Beschäftigungsverhältnisse. Hierzu werden auch Kündigungen gehören (falls nicht schon Aufhebungsvereinbarungen oder der Übergang in Transfergesellschaften greifen).

Wichtig ist: Die Anforderungen an die Begründung von Kündigungen im Zusammenhang mit einer Betriebsschließung unterscheiden sich zwar von den Anforderungen, die an Kündigungen gestellt werden, von denen nur wenige Arbeitnehmer eines ansonsten weiter bestehenden Betriebes betroffen sind. Schließlich gibt es keine „Sozialauswahl“ im eigentlichen Sinne, wenn wirklich alle Arbeitsverhältnisse enden sollen. Trotzdem kann ein Arbeitgeber viele Fehler machen, die zur Unwirksamkeit von Kündigungen führen können. Die Prüfung, ob gegen solche Kündigungen vorgegangen werden soll, erfordert Sorgfalt und vertiefte Kenntnisse im Arbeits- und Sozialrecht. Zu berücksichtigen sind hier neben rechtlichen auch wirtschaftliche Erwägungen.

Es ist wichtig, individuell vernünftige und wirtschaftlich sinnvolle Abwägungen zu treffen.

ATN d‘Avoine Teubler Neu Rechtsanwälte können aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung mit der juristischen Begleitung von Strukturveränderungen in Industriebetrieben einen Überblick geben und dabei helfen, schon jetzt Weichen zu stellen. Hierbei kann ATN versuchen, in enger Abstimmung mit den Gremien der betroffenen Betriebe, die für betroffene Arbeitnehmer individuell sinnvollen Maßnahmen zu entwickeln und im Interesse der Mandanten umzusetzen. Kosten werden hierbei in der Regel von Rechtsschutzversicherungen getragen, wenn diese zum Zeitpunkt des Zugangs einer Kündigung schon mindestens drei Monate bestanden haben.

Sie haben Fragen zum Arbeitsrecht oder möchten eine Anfrage starten? Dann treten Sie jetzt unverbindlich in Kontakt mit unserem Experten!
arbeitsrecht@atn-ra.de

Für weitere Informationen und Neuigkeiten folgen Sie uns gerne bei LinkedIn!

ATN beim #UMDENKEN Podcast

25. Mai 2021

Unser Kollege RA Robin Schmahl war kürzlich Gast in der neuen Podcastserie „Die Helfer in der Krise“ bei „Frank.B. trifft – Der Podcast für Solingens Wirtschaft“. In Folge 16 der neuen Serie informiert er rund um das Thema „Insolvenzen durch UMDENKEN abwenden“.

Die vollständige Folge sowie den gesamten Podcast auf verschiedenen Streaming-Diensten finden Sie hier:

#UMDENKEN Podcast