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Kryptowährungen im Fokus des Strafprozesses

2. Dezember 2022

„Crime must not pay“ – Verbrechen darf sich nicht lohnen

Kryptowährungen werden heute noch immer weitverbreitet als „anonyme“ Zahlungsmittel missverstanden. Die Vorstellung, illegal erworbener Geldwerte im Crypto-Space zu halten, um sie erfolgreich dem staatlichen Zugriff zu entziehen, ist falsch. Ermittlungsbehörden und Rechtsprechung haben das Thema erkannt und werden auch Kryptowährungen bei Straftätern abschöpfen, denn es gilt der Grundsatz: „crime must not pay“ – Verbrechen darf sich nicht lohnen.

Dass Kryptowährungen grundsätzlich auch in Strafprozessen abschöpfbar sind, hat der BGH bereits in seiner Entscheidung vom 11.01.2022 (Az. 3 StR 415/21) gezeigt. Damals bestätigte er die rechtmäßige Einziehung als Tatertrag, bzw. als Surrogat, gemäß § 73 Abs. 1, Abs. 3 StGB. Und dass auch unabhängig von etwaigen Kursschwankungen. Seinerzeit stand fest, dass der Angeklagte die Kryptowährungen unmittelbar durch Drogenverkäufe erwarb. Anders liegt der folgende Fall.
Mit Beschluss vom 22.09.2022 (Az. 3 StR 175/22) hatte der BGH (erneut) über die Einziehung von Kryptowährungen als Taterträge zu entscheiden. Die interessante Entscheidung ist nachzulesen unter:

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/

Zum Hintergrund:

Der Angeklagte wurde vor dem Landgericht Aurich wegen verschiedener Betäubungsmittel- und Geldwäschedelikten, zu einer hohen Freiheitsstrafe von insg. 13 Jahren verurteilt. Durch diese Taten hat er Einkünfte in Höhe von insgesamt € 1.032.147,49 erzielt, deren Einziehung gemäß §§ 73 Abs. 1, 73c StGB in voller Höhe angeordnet wurde (auf die Investitionen dieses Geldbetrages in andere Wirtschaftsgüter kommt es insoweit nicht an). Zugleich konnten im Rahmen einer Durchsuchung beim Angeklagten auch Kryptowährungen ermittelt werden. Das Landgericht Aurich hat die Einziehung dieser Kryptowährungen als „erweiterte Taterträge“ angeordnet. Hiergegen wandte sich nunmehr der Angeklagte – erfolgreich – mit der Revision.

Einziehungsfähigkeit

Die erweiterte Einziehung richtet sich nach § 73a StGB. Als Objekte der erweiterten Einziehung zählen alle Vermögensgegenstände, die durch eine andere – also nicht von der Anklage umfasste – rechtswidrige Tat erlangt worden sind. Die Herkunftstat darf also nicht mit der im Strafverfahren abzuurteilenden Anknüpfungstat identisch sein.
Die Vorschrift des § 73a StGB ist zudem gegenüber § 73 StGB subsidiär. Eine erweiterte Einziehung von Taterträgen kommt deshalb nur dann in Betracht, wenn eine sichere Zuordnung zu konkreten oder zumindest konkretisierbaren einzelnen Taten ausgeschlossen ist. Der BGH stellte hingegen in Tz. 7 seines Beschlusses eindeutig fest:

„Es wurden Kryptowährungen gesichert, die […] dem Angeklagten zustanden und von ihm mit Geldern erworben worden waren, die aus Betäubungsmittelgeschäften stammten.“

Grundsätzlich einziehbar gemäß §§ 73 Abs. 1, 73c StGB

Der BGH führt an, dass die Kryptowährungen zwar grundsätzlich gemäß §§ 73 Abs. 1, 73c StGB einziehbar seien. Allerdings eben nicht in der Höhe des dafür aufgewendeten Geldes. Da der Angeklagte dieses Geld bereits in voller Höhe an die Staatskasse zu zahlen habe, läge bei gleichzeitigem erweitertem Einzug nach § 73a StGB auch der erworbenen Kryptowährungen eine unzulässige doppelte Abschöpfung vor.

Der BGH hat die Einziehungsanordnung aufgehoben. In Tz. 12 heißt es:

„Wegen der möglichen Wechselwirkung zwischen der Einziehung des Wertes der Taterträge aus den Betäubungsmitteltaten einerseits und der erweiterten Einziehung der Kryptowährungen andererseits sind die Aussprüche insgesamt aufzuheben.“

Die Entscheidung ist nicht überraschend. Der BGH nutzt zudem die Möglichkeit und stellt klar, dass bei erfülltem Geldwäschetatbeständen, die Einziehung nicht über §§ 73 Abs. 1, 73c S. 1 StGB erfolge. Das Gesetz zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche vom 9. März 2021 (BGBl. I S. 327 ff.) sei zu zwingend beachten.

Falls die erworbenen Kryptowährungen nämlich (auch) als Mittel zur Geldwäsche verwendet worden seien, hätte sich eine Einziehungsentscheidung nur nach § 74 Abs. 2 StGB, bzw. bei Vereitelungshandlungen nur nach § 74c StGB, zu richten. In diesen Fällen hat der Spruchkörper dann einen Ermessenspielraum, den er auch ordnungsgemäß ausüben muss. Das habe das Landgericht Aurich nicht getan.

Fazit und Ausblick

Der Ausspruch über die Einziehung wurde folglich aufgehoben und zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Aurich zurückverwiesen.

Die Entscheidung des BGH zeigt einmal mehr, dass Kryptowährungen und deren Einziehung strafprozessual große Bedeutung haben. Der BGH schafft weiter Klarheit für Ermittlungs- und Rechtsprechungspraxis. Kryptowährungen bleiben ihrer Natur nach grundsätzlich über §§ 73 Abs. 1, 73c StGB einziehbar.

Kriminelle Energien sind im Crypto-Space weiterhin keine Seltenheit. Erst kürzlich wurde ein international tätiger Betrügerring von der spanischen Polizei zerschlagen, welcher rund 2,4 Milliarden Euro erbeutet und rund 17.000 Anleger geschädigt haben soll.

https://www.tagesschau.de/wirtschaft/finanzen

Es ist zu erwarten, dass die Ermittlungsbehörden im Crypto-Space weiter massiv Know-How aufbauen und Einsatzkapazitäten ausweiten werden. Die Blockchain-Technologie ist kein anonymes, sondern ein pseudonymes System. Einziehungsanordnungen von Kryptowährungen sind keine Seltenheit mehr. Es bleibt dabei: „Crime must not pay“

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