ATN. Aktuelles.

Fußballvereine in der Krise: Sanierung statt Insolvenz

23. Januar 2024

Schon in unserem Artikel vom 01.03.2021 haben wir frühzeitig auf die Möglichkeiten des damals gerade frisch in Kraft getretenen StaRUG („Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen“) insbesondere für Vereine vor Eintritt einer Krisensituation hingewiesen.

Jetzt, fast drei Jahre später, in der Nachbetrachtung der Corona-Krise und im steigenden Wettbewerb um Zuschauer ist der Befund noch immer identisch:

Die Gefahr

Ist der Fußballverein zahlungsunfähig oder überschuldet, hat er die Verpflichtung, einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu stellen. Tut er dies nicht, setzen sich insbesondere seine Vertreter (Geschäftsführer, Vorstand, Aufsichtsrat) enormen persönlichen, strafrechtlichen- und Haftungsrisiken aus.

Wird nämlich – und zwar auch auf Antrag eines Dritten – später das Insolvenzverfahren eröffnet, haften sie persönlich für u.a. alle Zahlungen, die seit Insolvenzreife getätigt worden sind. Welche Konsequenzen im Millionenspiel „Fußball“ drohen, kann sich jeder und jede selbst ausrechnen.

Die Verantwortlichen fühlen sich häufig wie in einer Zwickmühle: Einerseits müssen sie zwingend in dieser Situation einen Insolvenzantrag stellen, andererseits ist ihnen bewusst, dass die Insolvenz bereits aus verbandsrechtlichen Gründen zu erheblichen sportlichen – und damit wiederum zu wirtschaftlichen – Konsequenzen führen wird. Nach den Lizensierungsordnungen der Ligen (§ 11 Nr. 5 DFL LO oder auch § 6 Nr. 6 der DFB Spielordnung) führt die vom Verein beantragte Insolvenz nämlich zu einem Neun-Punkte-Abzug (im Bereich der DFB Regelungen – 3. Liga – ist sogar noch ein Zwangsabstieg möglich).

Die wenigsten Vereine werden (zumal in einer solchen Situation, die sich in der Regel bereits seit einem längeren Zeitraum aufgebaut hat) einen ausreichenden Punktepuffer vorhalten, der es ihnen erlaubt, eine Insolvenz (strategisch) einzusetzen und sportlich (etwa ohne Abstieg) zu überstehen.

Die Chance

Was aber, wenn viele der Möglichkeiten, die das Insolvenzrecht (insbesondere im Insolvenzplanverfahren) bietet, außerhalb der Insolvenz angewendet werden könnten?

Wie bereits in unserem Artikel aus März 2021 beschrieben, bieten die Werkzeuge des StaRUG (sofern sie richtig und effektiv eingesetzt werden) genau diese Chance. Bereits vor Insolvenzreife kann der Verein Maßnahmen zur wirtschaftlichen Sanierung treffen.

Die Vorteile sind enorm:

–          Das Verfahren muss nicht öffentlich bekannt werden. Selbst ein Gericht muss nicht (aber kann) eingeschaltet werden.

–          Es ist nicht erforderlich, dass alle Gläubiger an den geplanten Maßnahmen beteiligt werden.

–          Da kein Insolvenzverfahren vorliegt, erfolgen auch keine verbandsrechtlichen Maßnahmen (Punktabzug).

Der ehrliche Blick

Angesichts dieser Vorteile stellt sich die Frage, warum (soweit bekannt) nicht schon mehr Fußballvereine im Profibereich diese Chance ergriffen haben.

Eines der größten Hindernisse dürfte hier sicherlich (neben der fehlenden Kenntnis über diese Sanierungsmöglichkeit) der fehlende ehrliche Blick auf die wirtschaftliche Situation des Vereins und vor allem die in vielen Fällen lediglich vom Prinzip Hoffnung geprägte Fortführungsprognose sein. Dies wird sicherlich auch nicht dadurch erleichtert, dass die wirtschaftliche Entwicklung Hand in Hand mit der sportlichen Entwicklung geht (wenn auch häufig zeitverzögert), die – jedenfalls in den meisten Fällen – nicht vollständig planbar ist. Von ihr hängt aber in großem Maße die wirtschaftliche Entwicklung ab (siehe Ticketverkäufe, Merchandising, Marketing, Sponsoring etc.).

Die ehrliche Diagnose, dass die Hoffnung zwar zuletzt, aber letztlich eben doch stirbt, ist angesichts der Außenwirkung einer solchen Entscheidung (insbesondere bei mitgliedergeführten Vereinen) nur sehr schwer zu stellen.

Agieren statt zu reagieren

Der Verein hat die Wahl, bis zuletzt zu warten, um dann zum Insolvenzverfahren gezwungen zu sein und die sich hieraus ergebenden wirtschaftlichen und sportlichen Konsequenzen zu tragen oder selbst zu handeln und seine Sanierung mit denjenigen Maßnahmen voranzutreiben, die er maßgeschneidert für seine wirtschaftliche und sportliche Zukunft benötigt. Hierzu gehören Mut und ein überzeugender Matchplan.

„Hoch zu verteidigen“ dürfte wie so oft das Mittel der Wahl sein.

 

Für weitere Informationen und Neuigkeiten folgen Sie uns gerne bei LinkedIn!