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BGH urteilt zu den Befugnissen eines vorläufigen Insolvenzverwalters bei Einzug von Bankguthaben

10. Oktober 2020

BGH , Urteil vom 24.09.2020 – IX ZR 289/18

Ein vorläufiger Insolvenzverwalter, der zur Einziehung von Bankguthaben des Schuldners ermächtigt ist, kann die für ein Gemeinschaftskonto vereinbarte Einzelverfügungsbefugnis nicht widerrufen. Das Pfandrecht der Bank an einem Guthaben auf einem im Kontokorrent geführten Girokonto erstreckt sich auch auf den Anspruch auf das Tagesguthaben. Das hat der Bundesgerichtshof am 24.09.2020 entschieden.

Darlehensrückzahlungsanspruch nach Insolvenzantrag

Ein Schuldner hatte gemeinsam mit seiner Frau ein Kontokorrentkonto (mit Dispositionskredit). Beide waren hieran jeweils allein verfügungsberechtigt. Jahre zuvor hatten sie von ihrer Bank ein Darlehen erhalten, von dem noch rund 27.000 Euro zu tilgen waren. Nachdem einer der Gläubiger einen Insolvenzantrag über das Vermögen des Mannes gestellt hatte, bestellte das Insolvenzgericht bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen vorläufigen Insolvenzverwalter und beauftragte diesen, Forderungen des Schuldners einzuziehen. Es ordnete an, dass Verfügungen des Schuldners über sein Vermögen nur noch mit Zustimmung seines Verwalters wirksam seien. Der Insolvenzverwalter widerrief die Einzelverfügungsbefugnis über das Bankkonto, kündigte den Girovertrag und verlangte die Auszahlung des Guthabens in Höhe von rund 15.000 Euro in die Insolvenzmasse. Die Bank kündigte den Darlehensvertrag und rechnete das vorhandene Guthaben gegen ihren noch offenen Darlehensrückzahlungsanspruch auf. Vor dem Landgericht Frankfurt am Main verfolgte der Verwalter seine Forderung vergeblich, das Oberlandesgericht Frankfurt verurteilte die Bank zur Zahlung in Höhe von knapp 3.000 Euro. Beide Parteien wehrten sich gegen das Berufungsurteil vor dem BGH – ohne Erfolg.

Aufrechnung der Bank

Dem BGH zufolge war die Aufrechnung der Bank nach den §§ 387 ff. BGB in Höhe von rund 12.000 Euro rechtmäßig, denn bis zu dieser Summe besaß die Bank aufgrund ihrer Geschäftsbedingungen ein Pfandrecht an dem Guthaben. Bei dem Kontokorrentkonto bestimme sich das Guthaben nach dem Betrag, der am Stichtag auf dem Konto gutgeschrieben war (Tagesguthaben). Die übrigen 3.000 Euro seien erst nach Stellung des Insolvenzantrags und nach der Kontokündigung auf das Konto gelangt, sie seien damit nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO anfechtbar. Eine Aufrechnung gegen diese Summe sei daher nicht mehr möglich gewesen.

Befugnisse des vorläufigen Insolvenzverwalters

Der zur Einziehung von Bankguthaben ermächtigte Insolvenzverwalter kann nach den Karlsruher Richtern die für ein Gemeinschaftskonto vereinbarte Einzelverfügungsbefugnis nicht wirksam widerrufen, weil diese Erklärung über seine Befugnis hinausgeht. Der BGH erklärte, dass das Insolvenzgericht nach § 22 Abs. 2 Satz 1 InsO ausdrücklich klargestellt habe, dass mit dem Zustimmungsvorbehalt die Willenserklärung des Verwalters nur neben die des Schuldners treten sollte. Der Kontoinhaber war nicht länger ermächtigt, alleine über sein Vermögen zu verfügen – seine Willenserklärung sollte aber nicht durch die seines Verwalters ersetzt werden. Die Forderungen des Mannes seien nicht wie bei einer Abtretung auf den Insolvenzverwalter übergegangen, sondern dürften von ihm nur im eigenen Namen eingezogen werden. Ein Widerruf der Einzelverfügungsbefugnis, um das Vermögen vor der Ehefrau zu schützen, sei nicht davon gedeckt.

zu BGH, Urteil vom 24.09.2020 – IX ZR 289/18

Quelle: Redaktion beck-aktuell, 9. Okt 2020.