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BFH-Urteil: Kryptowährungen sind Wirtschaftsgüter, kein Vollzugsdefizit

3. März 2023

Der Bundesfinanzhof (BFH) in München hat sich in seinem Urteil vom 14.02.2023 (Az. IX R 3/22) mit der Steuerbarkeit von Kryptowährungen auseinandergesetzt.

Abrufbar ist das Urteil unter: https://www.bundesfinanzhof.de/de/entscheidung/entscheidungen-online/detail/STRE202310057/ (Stand 28.02.2023)

Entscheidung und Tenor

Die Leitsätze des BFH lauten:

  1. Zu den (anderen) Wirtschaftsgütern, die Gegenstand eines privaten VeräußerungsgeschäftsS. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG sein können, gehören auch virtuelle Währungen in der Gestalt von Currency Token. Diese werden i.S. von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG angeschafft, wenn sie im Tausch gegen Euro, gegen eine Fremdwährung oder gegen andere virtuelle Währungen erworben werden; sie werden veräußert im Sinne der Vorschrift, wenn sie in Euro oder gegen eine Fremdwährung zurückgetauscht oder in andere Currency Token umgetauscht werden.
  1. Bei der Erfassung und Besteuerung von Veräußerungsgeschäften mit Currency Token lag im Jahr 2017 kein normatives Vollzugsdefizit

Die Revision des Klägers gegen das erstinstanzliche Urteil des Finanzgerichts Köln vom 25.11.2021 (Az. 14 K 1178/20) wurde so vom BFH als unbegründet zurückgewiesen.

Hintergrund

Streitig war, ob Gewinne des Klägers, aus privaten Veräußerungsgeschäften innerhalb eines Jahres seit Anschaffung mit verschiedenen Kryptowährungen (Bitcoin [BTC], Ether [ETH], Monero [XMR]) – auch „Currency Token“ genannt – gemäß §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG der Besteuerung unterliegen.

Für das Streitjahr 2017 wurde einen Veräußerungsgewinn i.H.v. insgesamt € 3.441.261,70 ermittelt. Das zuständige Finanzamt (Beklagte) hat den Kläger veranlagt und die Einkommenssteuer auch in Bezug zu den erzielten Veräußerungsgewinnen mit Bescheid vom 13.02.2019 vorbehaltslos festgesetzt. Da der Einspruch des Klägers nicht erfolgreich war, wandte sich dieser im erstinstanzlichen Klageverfahren an das Finanzgericht Köln (Az. 14 K 1178/20). Doch das Finanzgericht Köln entschied, dass die obenstehenden Veräußerungsgewinne zu Recht der Einkommenssteuer unterworfen worden seien. Die Revision wurde vom zugelassen, welche vom Kläger auch am 07.02.2022 beim BFH eingelegt wurde.

Entscheidungsgründe des BFH

Die Regelung in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG betrifft zunächst alle Wirtschaftsgüter, d.h. Sachen und Rechte im Sinne des Bürgerlichen Gesetzesbuchs (BGB), tatsächliche Zustände, konkrete Möglichkeiten und auch vermögenswerte Vorteile jedweder Art. Ausgenommen sind insoweit lediglich Veräußerungen von Gegenständen des täglichen Gebrauchs, vgl. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EstG. Hierzu zählen die veräußerten Kryptowährungen des Klägers hingegen nicht. Auch sind Tauschvorgänge, also Kryptowährungen gegen Kryptowährungen, Anschaffungs- und Veräußerungsvorgängen gleichgestellt.

Kryptowährungen sind nach Auffassung des BFH als (andere) Wirtschaftsgüter einzustufen. Ausschlaggebend sei der handelsrechtlichen Begriff des Vermögensgegenstands; dieser ist bekanntlich weit zu fassen. Der Begriff des Wirtschaftsguts umfasse nicht nur Gegenstände im Sinne des bürgerlichen Rechts, wie z.B. Sachen und Rechte, sondern auch tatsächliche Zustände, konkrete Möglichkeiten und Vorteile. Die Currency Token BTC, ETH und XMR seien nach diesen Grundsätzen digitale Vermögenswerte. Zu den (anderen) Wirtschaftsgütern, die Gegenstand eines privaten Veräußerungsgeschäfts i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG sein können, gehören (jedenfalls) auch virtuelle Währungen in der Gestalt von Currency Token.

Ein normatives Vollzugsdefizit erkennt der BFH zudem nicht. Eine gesetzliche Besteuerungsgrundlage ‑ hier § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EstG ‑ wäre nur dann verfassungswidrig, wenn die Gleichheit im Belastungserfolg durch die rechtliche Gestaltung des Erhebungsverfahrens in prinzipieller Weise verfehlt werde. Vor diesem Hintergrund genüge jedoch nicht schon jeder feststellbare Vollzugsmangel. Im Streitfall lägen insoweit keine Anhaltspunkte für ein strukturelles Vollzugsdefizit vor, das der Erhebung der Steuer entgegenstünde.

Fazit und Ausblick

Die Entscheidung des BFH ist nicht überraschend. Zum 22.05.2022 legte das Bundesministerium für Finanzen (BMF) wesentliche Grundsätze der steuerlichen Behandlung in einem ausführlichen BMF-Schreiben fest und ging insbesondere auf Einzelfragen zur ertragssteuerlichen Behandlung von virtuellen Währungen und von sonstigen Token ein (DOK 2022/0493899). Auch die Finanzverwaltung geht insoweit davon aus, dass Gewinne nach Ablauf der Wartefrist von einem Jahr ab Anschaffung der Kryptowährung grundsätzlich steuerfrei sind, soweit nicht eine andere Einkunftsart greift (z.B. Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 EStG).

Freilich bindet BMF-Schreiben vom 22.05.2022 nicht den BFH. Allerdings war zu erwarten, dass sich der BFH den dort aufgeführten ausführlichen Argumenten der Finanzverwaltung weitestgehend anschließen wird. Erfreulich ist, dass der BFH die Gelegenheit genutzt hat und auch ausführlich auf Unterschiede der jeweiligen Kryptowährungen (BTC, ETH, XRP) eingegangen ist. Im Ergebnis wirken sich diese Unterschiede zwar nicht auf die grundlegende Entscheidung aus. Eine gewisse Strahlwirkung des Urteils ist jedoch zu erwarten. Der BFH festigt einerseits bereits vorhandene Grundgedanken zur Besteuerung von Kryptowährungen. Hierdurch wird andererseits weiter Klarheit für den Kryptosektor geschaffen, wovon der Markt langfristig profitieren wird.

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