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Wiedereinstellungsanspruch in der Insolvenz

7. Juni 2022

In einem aktuellem Urteil, das allerdings bislang nur als Pressemitteilung vorliegt, hat das Bundesarbeitsgericht seine restriktive Haltung zum Wiedereinstellungsanspruch eines Arbeitnehmers in einem laufenden Insolvenzverfahren bekräftigt (BAG vom 25.05.2022, Az. 6 AZR 224/21).

Außerhalb eines Insolvenzverfahrens kommt ein Wiedereinstellungsanspruch eines Arbeitnehmers dann in Betracht, wenn sich die Stilllegungsentscheidung des Arbeitgebers und die damit verbunden Prognose des Arbeitgebers für den Wegfall des Arbeitsplatzes noch während der laufenden Kündigungsfrist ändert, etwa weil er sich entscheidet, den Betrieb / Betriebsteil doch fortzuführen, oder weil es zu einem ungeplanten Betriebs(teil)übergang auf einen neuen Betriebsinhaber kommt, der den Betrieb weiterführen möchte.

Wiedereinstellungsanspruch bei Insolvenz umstritten

Die Übertragung dieser Grundsätze auf einen insolventen Arbeitgeber ist seit jeher sehr umstritten. Das Bundesarbeitsgericht jedenfalls schloss in Fällen des Vollzugs eines Betriebsübergangs nach Ablauf der Kündigungsfrist des Arbeitnehmers einen Wiedereinstellungsanspruch grundsätzlich aus und begründete dies u.a. mit einem Verweis auf eine richtlinienkonforme Auslegung des § 613 a BGB (vgl. BAG vom 10.12.1998, NZA 1999, 422).

Forderung: Wiedereinstellungsanspruch auf Insolvenzverwalter umstellen

Nunmehr hatte das Bundesarbeitsgericht einen Fall zu entscheiden, in dem es nach der Kündigung von 20 Arbeitnehmern wegen einer geplanten Stilllegung noch im Laufe der Kündigungsfrist zu einem Betriebsübergang auf einen Erwerber kam. Die Arbeitnehmer verlangten von diesem mit Verweis auf den bestehenden Wiedereinstellungsanspruch die Weiterbeschäftigung.  Als dieser dann selbst Insolvenz beantragen musste, stellten die Arbeitnehmer ihren Anspruch auf den Insolvenzverwalter über das Vermögen des Erwerbers um und verlangten von diesem die Weiterbeschäftigung.

Bundesarbeitsgericht lehnt Forderung ab

Dies lehnte das Bundesarbeitsgericht in der o.g. Entscheidung ab. Spätestens mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Erwerbers sei der Wiedereinstellungsanpruch der Arbeitnehmer erloschen, denn die Insolvenzordnung binde gemäß § 108 Abs. 1 InsO den Insolvenzverwalter nur an bereits vom Schuldner begründete Arbeitsverhältnisse, könne aber keinen Kontrahierungszwang des Insolvenzverwalters begründen. Einen solchen Zwang könne nur der Gesetzgeber anordnen.

Planungssicherheit für Investoren

Das Urteil dürfte für Investoren in Übernahmeverhandlungen eine gewisse Planungssicherheit mit sich bringen. Oftmals wägen Investoren zwischen dem erwarteten Nutzen und den Risiken eines Invests ab, bevor sie sich entscheiden. Das Betriebsübergangsrisiko stellt auch in Zeiten eines immer arbeitnehmerfreundlicher werdenden Arbeitsmarktes oftmals ein Sanierungshemmnis dar.

Arbeitnehmer: Erhalt von Arbeitsplätzen wird schwerer

Für betroffenen Arbeitnehmer erschweren sich durch das Urteil die Aussichten auf Erhalt ihres Arbeitsplatzes. Neben der praktisch oftmals schwierigen Informationsbeschaffung werden viele Arbeitnehmer wegen der überschaubaren Prozessaussichten die Kosten eines Arbeitsgerichtsprozesses scheuen, wenn sie nicht rechtsschutzversichert sind.

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