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Profifußball und Insolvenz: Ein Gespenst verblasst?

1. März 2021

Neue Lizensierungsordnung

Nun ist es soweit: Die 36 Mitgliedervereine der DFL haben bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung vom 18.02.2021 die neue Lizensierungsordnung in Kraft gesetzt. Das ist diesmal mehr als ein Formalismus. Denn im März 2020 hatte die DFL vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie zum einen beschlossen, den Spielbetrieb bis zum 30.04.2020 auszusetzen, zum anderen aber das Lizensierungsverfahren erheblich angepasst, um überhaupt die Chance zu erhalten, dass der Spielbetrieb weitergeht.

Insbesondere wurde der Abzug von 9 Punkten im Falle der Beantragung eines Insolvenzverfahrens ausgesetzt. Und, fast noch wichtiger: Im Lizensierungsverfahren für die Saison 2020/21 wurde auf die Überprüfung der Liquidität der Vereine verzichtet. Zwar wurde im Gegenzug die Überprüfung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit für die nächste Spielzeit auf September 2020 vorgezogen, allerdings wurden auch dann Liquiditätslücken nicht mit Punktabzug, sondern ggf. mit einer Einschränkung von Transfermaßnahmen bestraft.

Zurück auf Anfang

Nun geht aber wieder alles zurück auf Anfang. Die §§ 8 und 8a der LO (Lizensierungsordnung) sehen wieder die Prüfung der Liquidität und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit vor, § 11 LO führt eine Reihe von Sanktionen (insbesondere Punktabzüge) auf, die jedoch für die Spielzeit 2020/2021 leicht angepasst sind.

Bedeutet das, dass die Insolvenzantragspflicht wieder mit Nachdruck an die Türen der Profiklubs klopft? Die wirtschaftliche Situation hat sich seit März letzten Jahres nicht verändert. Im Gegenteil. Das Zuschauerverbot hat die Lage erheblich verschärft. Die Vereine kämpfen mit deutlich verringerten Einnahmen aus Ticketverkauf und Medienrechten, sehen sich allerdings nach wie vor weitestgehend den gleichen Ausgabenblöcken wie vor Beginn der Pandemie konfrontiert.

Auftritt des StaRUG

In dieser angespannten Situation betritt ein neuer Spieler das Feld: Das am 1. Januar 2021 in Kraft getretenen Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanIns-FoG) und dessen Herzstück, das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG). Dieses Gesetz könnte, wenn Profiklubs „in Schieflage“ die Situation und die rechtlichen Möglichkeiten hieraus richtig einschätzen, den Unterschied machen.

Das StaRUG ist nämlich ein außergerichtliches Sanierungsverfahren mit vielen Restrukturierungswerkzeugen, welches quasi die „Deutsche Antwort“ auf das englische „Scheme of Arrangement“ ist. Das hat wesentliche Folgen: Das „Stigma“ eines öffentlichen Insolvenzverfahrens, wird vermieden. Der Verein bleibt am Ruder und steuert auf Basis eines Restrukturierungsplans in eigener Verantwortung die Sanierung und aus der Krise. Eine der Besonderheiten und Chancen dieses Plans ist es, dass zu dessen Umsetzung lediglich eine Zustimmung der Mehrheit (75%) der Gläubiger erforderlich ist und sogar eine Gläubigergruppenübergreifende Mehrheitsbildung möglich ist.

Warum ist das im Zusammenhang mit der neuen Lizensierungsordnung so wichtig?

Im Sanktionenkatalog von § 11 LO ist vorgesehen, dass der Verein einen Punktabzug von 9 Punkten zu befürchten hat (in der Spielzeit 2020/21: drei), wenn über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Das gilt aber gerade nicht, wenn der Verein Restrukturierungsmaßnahmen nach den Regelungen des StaRUG ergreift, denn dieses ist kein Insolvenz-verfahren. Das ergibt sich ohne weiteres aus der Formulierung von § 11 Ziff.5 LO:

„Beantragt ein Lizenznehmer selbst die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gegen sich, wird auf Antrag eines Gläubigers gegen einen Lizenznehmer im Zeitraum vom 01.07. eines Jahres bis einschließlich des letzten Spieltages einer Spielzeit rechtskräftig ein Insolvenzverfahren eröffnet oder die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt oder zeigt der Lizenznehmer seine Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung während der Rechtshängigkeit einer Restrukturierungssache nach dem Stabilisierungs- und Restrukturierungsgesetz (StaRUG) beim Restrukturierungsgericht an, so werden dem Lizenznehmer mit Stellung des eigenen Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sonst mit Rechtskraft des Beschlusses des Insolvenzgerichts bzw. mit der Anzeige der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung beim Restrukturierungsgericht neun [in der Spielzeit 2020/2021: drei] Gewinnpunkte mit sofortiger Wirkung aberkannt.“

Die DFL hat somit die Möglichkeiten des StaRUG erkannt, einen solchen Fall der Restrukturierung aber eben gerade nicht als sanktionsfähig angesehen, es sei denn, er wird in ein ordentliches Insolvenzverfahren übergleitet.

Damit wird der Weg für Profivereine frei gemacht, die Werkzeuge des StaRUG zu nutzen um eine Sanierung zu ermöglichen, ohne Sanktionen im sportlichen Wettbewerb befürchten zu müssen. Jetzt stellt sich nur noch die Frage, wie viele Vereine das rettende Tau erkennen werden, das ihnen der Gesetzgeber zugeworfen hat.