a.) Haftungserleichterung für den Geschäftsleiter – § 2 Abs. 1 Ziffer 1 COVInsAG
Für die Haftung des Geschäftsleiters nach § 15 b InsO (vormals § 64 GmbHG u.ä.) gilt eine deutliche Erleichterung. Zahlungen, die im ordnungsgemäßen Geschäftsgang erfolgen, insbesondere solche Zahlungen, die der Aufrechterhaltung oder Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebes oder der Umsetzung eines Sanierungskonzepts dienen, gelten als mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters i.S.d. § 15 b Abs. 1 Satz 2 InsO vereinbar. Dies beinhaltet eine gesetzliche Fiktion, die keiner Widerlegung zugänglich ist. Zahlungen, die trotz Insolvenzreife mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar sind, sind objektiv gerechtfertigt und daher schon nicht pflichtwidrig. (Nerlich/Römermann/Römermann, 42. EL Februar 2021, COVInsAG § 2 Rn. 17, 18). Es ist also nicht erforderlich, dass der Geschäftsleiter –wie in § 15 b Abs. 2 Satz 3 InsO bestimmt– nach Eintritt der Insolvenzreife Maßnahmen zu deren nachhaltigen Beseitigung oder zur Vorbereitung eines Insolvenzantrags betreibt. Geschäftsleiter sollen vielmehr alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen können, um das Unternehmen im ordentlichen Geschäftsgang fortzuführen. Dies umfasst nicht nur die Aufrechterhaltung oder Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs. Auch Maßnahmen für eine Neuausrichtung des Geschäfts im Rahmen einer Sanierung sind möglich. (Nerlich/Römermann/Römermann, 42. EL Februar 2021, COVInsAG § 2 Rn. 4)
b.) erleichterte Kreditgewährung – § 2 Abs. 1 Ziffer 2 COVInsAG
Die Regelung erfasst nach der Entwurfsbegründung zum Gesetz jede Form der Kreditgewährung und damit neben dem Geldkredit auch Warenkredite und andere Formen der Leistungserbringung auf Ziel, also gegen spätere Bezahlung bzw. auf Rechnung. (Begr. FraktionsE, Bundestags-Drucksache 19/18110, S. 23).
Gemäß § 2 Abs. 1 Ziffer 2 COVInsAG gilt die bis zum 30.09.2023 erfolgende Rückgewähr eines im Aussetzungszeitraums gewährten neuen Kredits sowie die im Aussetzungszeitraum erfolgte Bestellung von Sicherheiten zur Absicherung solcher Kredite als nicht gläubigerbenachteiligend. Der Aussetzungszeitraum hat dabei gem. § 1 Abs. 1 – 3 COVInsAG unterschiedliche Tatbestände, die bei der Darlehensgewährung zu höchst unterschiedlichen Rechtsfolgen führen (s.o. § 1). Privilegiert sind Neukredite an pandemiebetroffene Darlehensnehmer bei einer Gewährung
- zwischen dem 01.03.2020 bis 30.09.2020 bei Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung
- zwischen dem 01.10.2020 bis 31.12.2020 nur bei Überschuldung
- zwischen dem 01.01.2021 bis 30.04.2021 bei Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung und fristgerechter Beantragung staatlicher Hilfsprogramme.
Im Fall einer späteren Insolvenz des Kreditnehmers verlieren Neukreditgeber weder die ihnen gewährten Sicherheiten noch müssen sie eine Anfechtung von erhaltenen Zins- und Tilgungsleistungen durch einen Insolvenzverwalter befürchten. Entscheidend ist die Vergabe eines Neukredits, also sowohl der Vertragsabschluss als auch die faktische Zuführung zusätzlicher Liquidität. Die Novation oder Prolongation bestehender Kredite genügt nicht. Kredite, die von der Kreditanstalt für Wiederaufbau und ihren Finanzierungspartnern oder von anderen Institutionen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme anlässlich der COVID-19-Pandemie gewährt werden, sind gemäß § 2 Abs. 3 COVInsAG auch erfasst, wenn der Kredit nach dem Ende des Aussetzungszeitraums (nach dem 30.04.2021) gewährt oder besichert wird, und unbefristet für deren Rückgewähr (also auch über den 30.09.2023 hinaus).
Nur eingeschränkten Schutz genießen alle Formen von Gesellschafterdarlehen (dazu nachfolgend Teil B.).
Kann der Insolvenzverwalter allerdings darlegen, dass die Insolvenzreife des Unternehmens nicht pandemiebedingt ist, dann entfällt die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht nach § 1 COVInsAG und damit auch die Privilegierungen des § 2 COVInsAG und Neukredite werden nicht bevorzugt. (Begr. FraktionsE, Bundestags-Drucksache 19/18110, S. 23.; Nerlich/Römermann/Römermann, 42. EL Februar 2021, COVInsAG § 2 Rn. 25, 26)
c.) Mithaftung von Kreditgeber und Berater – § 2 Abs. 1 Ziffer 3 COVInsAG
Kreditgewährungen und Besicherungen im Aussetzungszeitraum sind nicht als sittenwidriger Beitrag zur Insolvenzverschleppung anzusehen. Damit entfällt bei einer tatbestandlichen Insolvenzverschleppung eine Mithaftung von Kreditgeber und Berater (§ 2 Abs. 1 Ziffer 3 COVInsAG).
d.) Anfechtungsspezifische Sonderregeln – § 2 Abs. 1 Ziffern 4, 5 COVInsAG
Die insolvenzrechtlichen Anfechtungsvorschriften der §§ 129 InsO werden für den Aussetzungszeitraum nach § 1 COVInsAG entschärft. Kongruente Deckungsgeschäfte und die in den Unterpunkten Satz 2 a) bis d) genannten (inkongruenten) Deckungen
- a) Leistungen an Erfüllungs statt oder erfüllungshalber;
- b) Zahlungen durch einen Dritten auf Anweisung des Schuldners;
- c) die Bestellung einer anderen als der ursprünglich vereinbarten Sicherheit, wenn diese nicht werthaltiger ist;
- d) die Verkürzung von Zahlungszielen,
sind der Anfechtung nach §§ 130, 131, 133 InsO entzogen,
falls nicht dem Anfechtungsgegner bekannt war, dass die Sanierungs- und Finanzierungsbemühungen des Schuldners nicht zur Beseitigung einer eingetretenen Zahlungsunfähigkeit geeignet gewesen sind (§ 2 Abs. 1 Ziffer 4 COVInsAG).
Umfasst sind auch kongruente (vertragsgerechte) Zins- und Tilgungsleistungen auf Altkredite, die also vor dem 01.03.2020 gewährt wurden (BeckOK InsO/Prosteder/Dachner InsO § 135 Rn. 98 m.W.N.; Uhlenbruck/Borries COVInsAG § 2 Rn. 103)
Bis zum 31.03.2022 erfolgte Zahlungen gelten als nicht gläubigerbenachteiligend wenn sie auf Forderungen erfolgten, für die bis zum 28.02.2021 Stundungen gewährt wurden. Dies gilt allerdings nur, sofern über das Vermögen des Schuldners ein Insolvenzverfahren bis zum Ablauf des 18.02.2021 noch nicht eröffnet worden ist (§ 2 Abs. 1 Ziffer 5 COVInsAG).