Rückzahlungen auf Corona-Hilfen lösen Sorgen aus

30. März 2022

Empfänger staatlicher Unterstützungsleistungen geraten finanziell unter Druck

Moratorium oder ein modernes Sanierungsverfahren kann ein Ausweg sein

Das Bundesministerium der Finanzen und die obersten Finanzbehörden der Länder haben seit Ausbruch der Pandemie diverse Unterstützungen und verschiedene steuerliche Erleichterungen beschlossen, um die von der Corona-Krise Steuerpflichtigen (auch Freiberufler) zu entlasten. Ziel war es, die Liquidität bei Unternehmen zu verbessern, die durch die Corona-Krise in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten waren bzw. noch sind.

Das FAQ des BMF im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird regelmäßig aktualisiert.

https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Steuern/2020-04-01-FAQ_Corona_Steuern.html

So wird für die Betroffenen bis zum 30. Juni 2022 in der Regel die Möglichkeit eingeräumt, Steuerzahlungen zinslos zu stunden; ebenso soll auf die Vollstreckung rückständiger Steuerschulden verzichtet werden. Dies verschafft den Steuerpflichtigen eine Zahlungspause gegenüber dem Finanzamt. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, die Vorauszahlungen zur Einkommen-, Körperschaft- und zur Gewerbesteuer herabzusetzen.

Die vom Staat gewährten Leistungen unterscheiden sich nach nicht rückzahlbaren und rückzahlbaren Hilfen bzw. Zuwendungen:

  1. Zu den nicht rückzahlbaren Hilfen zählen insbesondere Kurzarbeitergeld, erleichterter Zugang zur Grundsicherung, der Sonderfond des Bundes für Kulturveranstaltungen sowie der Sonderfond des Bundes für Messen und Ausstellungen. Diese sind grundsätzlich nicht rückzahlbar. Aber es gibt Ausnahmen: Es muss mit Rückzahlungsbescheiden gerechnet werden, wenn Stichproben der Behörden fehlerhafte und im Nachhinein unberechtigte Angaben in den Antragsunterlagen belegen.
  2. Zu den u.U. rückzahlbaren Hilfen zählen insbesondere die Überbrückungshilfen I – IV, die sukzessive für die Monate zwischen Juni 2020 und März 2022 gewährt wurden. Dies gilt aber nur, wenn die gezahlten Zuschüsse den endgültigen Anspruch nach einer vorzulegenden „Endabrechnung“ übersteigen oder keine Endabrechnung eingereicht wird. Die Endabrechnung aller Überbrückungshilfen kann nur über einen „prüfenden Dritten“ bis spätestens 31.12.2022 erfolgen. Prüfende Dritte sind dabei Berufsangehörige im Sinne des § 3 StBerG, also Steuerberater inklusive Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüferinnen oder Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüferinnen oder Buchprüfer oder Rechtsanwältinnen/ Rechtsanwälte. Erfolgt keine Schlussabrechnung, ist die gewährte Hilfe auf einen entsprechenden behördlichen Bescheid in voller Höhe zurückzuzahlen. Ebenso werden nach der Endabrechnung festgestellte Überzahlungen zurückgefordert. Rückzahlungen bereits ausgezahlter Zuschüsse sind bis zur Endabrechnung grundsätzlich nicht zu verzinsen. Eine Verzinsung könnte allerdings eintreten, wenn nach der Rückforderung die dort gesetzten Zahlungsziele nicht eingehalten werden oder aber von Anfang an ein Subventionsbetrug begangen wurde.
  3. Zu den rückzahlbaren Hilfen zählen auch die Neustarthilfen (Neustarthilfe 1, Neustarthilfe Plus, Neustarthilfe 2022). Diese wurden Unternehmern und Unternehmen mit bis zu € 7.500,00 für Einzelunternehmungen und bis zu € 30.000,00 für Mehr-Personen- und Kapitalgesellschaften und Genossenschaften gewährt. Anders als bei den Überbrückungshilfen muss die Endabrechnung aber nicht über „prüfende Dritte“ erfolgen, sondern kann vom Unternehmer persönlich vorgenommen werden, falls er den Hilfeantrag selbst gestellt hat. Wird keine Endabrechnung vorgelegt oder wurden überhöhte Hilfen ausgezahlt, ergehen Rückzahlungsbescheide. Auch hier läuft die Frist zur Vorlage der Endabrechnung am 31.12.2022 ab, mit Ausnahme der Neustarthilfe 1. Für diese ist die Abrechnungsfrist am 31.12.2021 abgelaufen, wenn der Unternehmer den Hilfeantrag nicht über prüfende Dritte gestellt hat. Wer die Frist versäumt hat, sollte unverzüglich handeln und Rechtsrat einholen, um einen Rückforderungsbescheid noch zu vermeiden.
  4. Etwas anders wird die November – Dezemberhilfe 2020 Betroffene Unternehmen erhielten einen einmaligen Zuschuss von bis zu 75 Prozent des jeweiligen Umsatzes im November bzw. Dezember 2019 für die Dauer der Schließungen im November bzw. Dezember 2020. Im Falle einer Antragstellung über prüfende Dritte hat eine Schlussabrechnung bis spätestens 31.12.2022 zu erfolgen. Erfolgt keine Schlussabrechnung, ist die Novemberhilfe beziehungsweise Dezemberhilfe in gesamter Höhe zurückzuzahlen. Im Falle von Direktanträgen im eigenen Namen muss jedoch keine Endabrechnung eingereicht werden. Stattdessen ist mit stichprobenartigen Nachprüfungen durch die Bewilligungsstellen zu rechnen.
  5. Selbstverständlich rückzahlbar sind und bleiben gewährten Kredithilfen, wie z.B. das Unterstützungspaket für Start-ups 2020, der Wirtschaftsstabilisierungsfond des Bundes 2020 und diverse KfW Hilfen. Die Rückzahlung erfolgt gemäß der ausgehandelten Kreditverträge.

Unternehmer sollten und müssen ggf. bei Anforderungen von Rückzahlungen um Stundungen bitten und das wohl auch im Einzelfall verhandeln. Wenngleich die Themen im Fluss sind und u.U. noch eine bundeseinheitliche „Verschonung“ erörtert wird, sollte jeder Empfänger aktiv mit einer erwarteten oder bereits erfolgten Rückforderung umgehen und auch agieren.

Im kritischsten Fall kann eine „Regel-Insolvenz“ durch ein Moratorium bzw. ein modernes Sanierungsverfahren verhindert werden. Ein taugliches Verfahren ist beispielsweise der „Schutzschirm“ nach dem 2013 verkündeten „Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen“ (ESUG, jetzt § 270d InsO). Aber es gibt inzwischen auch andere Sanierungs-Werkzeuge.

Ergänzend oder alternativ wirkt das Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz (SanInsFOG) zum 01.01.2021. Das SanInsFOG beinhaltet neben dem „Unternehmensstabilisierungs- und –restrukturierungsgesetz“ (StaRUG) weitreichende gesetzliche Anpassungen im Bereich der Insolvenzordnung und der ergänzenden Corona bedingten Sonderbestimmungen im COVInsAG.

Die Restrukturierungsmaßnahmen nach dem deutschen „Schutzschirm“ gemäß § 270d InsO und der präventive Restrukturierungsrahmen nach §§ 29 ff. StaRUG sind inzwischen im offensiven Wettbewerb mit dem englischen „Scheme-of-Arrangement“ und dem niederländischen „Wet Homologatie Onderhands Akkoord“ (WHOA).

Das ESUG zum 01.01.2013 und das StaRUG zum 01.01.2021 bieten jeweils Möglichkeiten und Optionen für Unternehmer, Gesellschafter und Geschäftsleiter. Das Insolvenzrecht wurde auch in 2021 fortentwickelt, vor allem, weil ab 2021 eine Sanierung via Restrukturierungsrahmen möglich ist. Das wurde in der Praxis bisher aber eher selten eingesetzt, weil das Verfahren recht komplex und damit kostenintensiv ist. Die bisherigen Möglichkeiten eines Insolvenzplans – mit oder ohne Eigenverwaltung – bleiben erhalten, so dass es für den sanierungswilligen Unternehmer mehrere Alternativen gibt. In jedem Fall bedarf es profunder Überlegungen des Unternehmers und eines erfahrenen „Lotsen“ auf der – nicht ungefährlichen – Route.

Viele Wege stehen für eine erfolgreiche und zukunftsorientierte Unternehmenssanierung offen.

Für weitere Informationen und Neuigkeiten folgen Sie uns gerne bei LinkedIn!

Steuern in der Insolvenz und Sanierung: Prof. Dr. Peter Neu mitwirkend an Nachschlagewerk

15. März 2022

Große Komplexität, rechtliche Unsicherheiten – Steuern in der Insolvenz und Sanierung gehören zu den zentralen juristischen Herausforderungen. Hier liegt die Verantwortung beim Gesetzgeber, denn bis heute fehlt ein in sich geschlossenes Insolvenzsteuerrecht. So haben vor allem die Finanzgerichte und der BFH durch Einzelfallentscheidungen wichtige Leitplanken für die Beratungspraxis gesetzt. Hierbei ergibt sich ein zentrales Problem, denn innerhalb der insolvenzsteuerrechtlichen Beratung müssen Insolvenzverwaltung und Sanierungsexpertinnen und Sanierungsexperten meist innerhalb kürzester Zeit tragfähige Lösungen entwickeln.

Das Fachbuch „Insolvenz- und Sanierungssteuerrecht“ der Herausgeber Wolfgang Sonnleitner und Alexander Witfeld unterstützt in diesem Kontext die Beratungspraxis bei ihren täglichen Aufgaben. Prof. Dr. Peter Neu, unser Experte für Sanierung, Restrukturierung und Insolvenz, hat an diesem zentralen Nachschlagewerk mitgewirkt. Es bietet Steuerberatern, Rechtsanwälten, Insolvenzverwaltern, Sanierungsberatern und Wirtschaftsprüfern zahlreiche Vorteile. Dazu gehören beispielweise:

  • eine praxisnahe Darstellung,
  • die Auswertung aktueller Rechtsprechung, Verwaltungsauffassung und Literatur
  • sowie eine systematische, nachvollziehbare und zugleich kritische Aufbereitung eines kaum kodifizierten Rechtsbereichs.

„Dieses Fachbuch wird zahlreichen Lesern ein wertvolles Werkzeug sein, um sich in der Praxis erfolgreich mit dem Insolvenz- und Sanierungssteuerrecht zu befassen. In diesem Zusammenhang möchte ich Wolfgang Sonnleitner und Alexander Witfeld sowie dem Verlagshaus C.H. Beck für das entgegengebrachte Vertrauen und die hervorragende Zusammenarbeit danken“, sagt Peter Neu.

Sollten Sie in Steuerfragen bei Insolvenz und Sanierung Fragen haben oder eine Beratung wünschen, stehen Ihnen Prof. Dr. Peter Neu und sein kompetentes Team an den Standorten Remscheid, Hagen und Köln gerne zur Verfügung.

Für weitere Informationen und Neuigkeiten folgen Sie uns gerne bei LinkedIn!

Sorgen über Öl- und Gaspreise belasten die Transportbranche und den Güterkraftverkehr

11. März 2022

Speditionen und Logistiker haben Alternativen zu einer „harten Bremsung“

Regel-Insolvenz kann durch ein Moratorium bzw. ein modernes Sanierungsverfahren verhindert werden.

Wegen der steigenden Öl- und Dieselpreise dürfte der Güterkraftverkehr Schwierigkeiten bekommen. Und das sind fast 47.000 Unternehmen, darunter 7.000 aus dem Mittelstand. Im Straßengüterverkehr sind deutschlandweit rund 400 000 Lastwagen unterwegs.

Zwar ist eine „Insolvenzwelle“ im deutschen Transportlogistikgewerbe wohl nicht in Sicht, aber aufgrund der extrem steigenden Preise für Diesel dürfte die finanzielle Belastungsgrenze vieler Transportunternehmen erreicht sein. Die Geschäftsführer sollten jedenfalls handeln, entweder durch Verhandlungen mit den Kunden über höhere Vergütungen, also „bessere Tickets“, oder durch die sofortige Anwendung der „Dieselfloater“, so die Verträge Preisanpassungsklauseln hergeben. Sollte das nicht gelingen, könnten einige Speditionen und Logistiker Verluste einfahren, jedenfalls in Liquiditätsenge geraten. Und dann muss rasch agiert werden.

Die Unternehmer müssen erreichen, die prozentualen Kosten für Treibstoff im Fernverkehr (wieder) auf 25 Prozent der Kosten zu begrenzen. Die Hoffnung auf eine etwa für die Branche verringerte Mineralölsteuer und damit einen günstigeren „Gewerbediesel“ könnte unbegründet sein, vermutlich würde es Monate dauern, bis eine solche Vergünstigung umgesetzt wäre. Das hilft den Spediteuren aber kurzfristig nicht.

Auch in der Krise stoppen die Touren keinesfalls. Im Gegenteil. Die Unternehmer haben eine Reihe von Möglichkeiten, sich zu sanieren und sich mit Hilfe Ihrer Kunden und Lieferanten (Gläubiger) neu aufzustellen, um gestärkt aus der Krise hervorzugehen.

Das Problem stellt sich auch für die Flugbranche. Der höhere Ölpreis sowie steigende Gebühren an Flughäfen und für Sicherheitskontrollen erzwingen praktisch Preiserhöhungen. Offen ist, ob die Carrier die notwendigen höheren Preise durchsetzen können. Erschwerend kommt hinzu, dass den Airlines weiterhin Geschäftsreisende fehlen. Die Gesellschaften müssen daher mit mehr Flügen zu Urlaubszielen im Mittelmeerraum planen.

Transportunternehmer sollten und müssen ggf. ihre Gläubiger um Stundungen bitten und das optimal verhandeln. Jedenfalls kann eine „Regel-Insolvenz“ durch ein Moratorium bzw. ein modernes Sanierungsverfahren verhindert werden. Ein Verfahren ist der „Schutzschirm“ nach dem ESUG. Aber es gibt inzwischen auch andere Sanierungs-Werkzeuge.

Nach dem „Gesetz zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen“ (ESUG) aus 2013 ist das Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz (SanInsFOG) zum 01.01.2021 die nächste „große Sanierungsreform“. Das SanInsFOG beinhaltet neben dem „Unternehmensstabilisierungs- und –restrukturierungsgesetz“ (StaRUG) weitreichende gesetzliche Anpassungen im Bereich der InsO und des COVInsAG. Die Restrukturierungsmaßnahmen nach dem dt. „Schutzschirm“ gemäß § 270d InsO und der präventive Restrukturierungsrahmen nach StaRUG sind inzwischen im offensiven Wettbewerb mit dem englischen „Scheme-of-Arrangement“ und dem niederländischen „Wet Homologatie Onderhands Akkoord“ (WHOA).

Das ESUG zum 01.01.2013 und das StaRUG zum 01.01.2021 brachten jeweils eine Fülle von Neuerungen, Möglichkeiten und Klarstellungen für Unternehmer, Gesellschafter und Geschäftsleiter. Das Insolvenzrecht wurde auch in 2021 fortentwickelt, vor allem, weil ab 2021 eine Sanierung via Restrukturierungsrahmen möglich ist. Das wurde in der Praxis bisher aber eher selten eingesetzt, weil das Verfahren recht komplex und teuer ist.

Die bisherigen Möglichkeiten eines Insolvenzplans – mit oder ohne Eigenverwaltung – bleiben erhalten, so dass es für den sanierungswilligen Unternehmer mehrere Alternativen gibt. In jedem Fall bedarf es profunder Überlegungen des Unternehmers und eines erfahrenen „Lotsen“ auf der – nicht ungefährlichen – Route.